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Das Essen im Shaolin-Kloster (1)


Die heute im Shaolin-Kloster gepflegte Essenstradition blickt auf eine Geschichte zurück, die die des Klosters selbst zeitlich bei weitem übersteigt. Sie ist den aktuellen Erfordernissen und gleichzeitig den buddhistischen Regeln und Traditionen verpflichtet. Um diesen Teil der Shaolin-Kultur als ebensolchen zu erkennen und in seinen Eigenheiten zu verstehen, ist es erforderlich, sich auch mit seinen „Wurzeln“ zu beschäftigen. Aufgrund des dadurch bedingten Umfangs des Themas ist der Artikel in fünf Teile gegliedert:
1. Das Essen im Buddhismus
2. Die Essenstradition im han-chinesischen Buddhismus     --> link
3. Geschichte - Geschichten - Legenden zur Essenstradition im Shaolin-Tempel   --> link
4. Die Küche des Shaolin-Tempels - Shi Xingci - Ernährung der Shaolin-Mönche - Shaolin-Rezepte --> link
5. Guotang - Die gemeinsamen Mahlzeiten der Shaolin-Mönche  --> link

1. Das Essen im Buddhismus
 

Der Buddha und seine Jünger bildeten eine Gemeinschaft von Almosenempfängern, vergleichbar mit einem christlichen Bettelorden. Einer maßvollen Askese verpflichtet ernährten sie sich von den Speisen und Nahrungsmitteln, die auf ihren täglichen Almosengängen (skr.: pindipata , chin.:  托钵 tuo bo) in ihre Schüsseln gefüllt wurden. Sie erhielten vornehmlich das, was von den eigenen Speisen der „Haushälter“ (der buddhistischen Laien) und anderer Spender übrig geblieben oder was von ihnen zusätzlich zubereitet worden war, dazu Früchte und andere unzubereitete Nahrung. Die Amosengänge waren streng reglementiert, und die Mönche hatten sich bei ihrer Durchführung besonders diszipliniert, diskret, ruhig und konzentriert zu verhalten. Sie baten und bedankten sich nicht,  hingegen bat der Spendende um die Annahme der Gabe und bedankte sich dann für ihre Bereitschaft, die Gabe anzunehmen. Verweigerte ein Mönch die Annahme einer Spende, so wurde dies als eine schwere Strafe und Beschämung des Gebers angesehen. Ab und zu wurden der Buddha und seine Jünger von einem wohlhabenden Gönner zu einem eigens für sie veranstalteten Mahl eingeladen. Mit der wachsenden Bekanntheit und Anhängerzahl des Buddha vermehrten sich diese Einladungen und entwickelten sich mitunter zu Massenspeisungen für mehr als 1000 Jünger, die meist von reichen Kaufleuten, Beamten, Würdenträgern bis hin zu Königen ausgerichtet wurden.
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Die Spende von Speisen war ursprünglich die wichtigste Form für einen buddhistischen Laien, am Kreislauf des Gebens und Nehmens, der die buddhistische Gemeinschaft von Mönchen und Laien verbindet, als Geber teilzunehmen. Er erhielt dadurch die Möglichkeit, sein Karma zu verbessern,  und zwar in wesentlich höherem Maß als mit der Speisung anderer Bedürftiger. Dies entsprach dem schon in den altindischen Veden beschriebenen Brauch vorbuddhistischer Zeit, nach einer Zeremonie durch das Versorgen von Brahmanen mit Speisen besondere Verdienste zu erwerben. Der Buddha bzw. die Mönchsgemeinschaft waren jedoch nicht nur Empfänger, denn sie gaben dem Laien Nahrung auf einem geistigen Niveau: durch Vorträge oder persönliche Unterweisungen spendeten sie den Dharma, die Lehre des Buddha. In dieser symbiotischen Beziehung war also das Gegenstück zur elementaren Abhängigkeit der Mönchsgemeinschaft von den Laien die Abhängigkeit der Laien von den Mönchen in Bezug auf die Vermittlung der buddhistischen Lehre.


Der Buddha verlangte von den Jüngern, bei dem Erhalt und der Aufnahme von Nahrung keine persönliche Unterscheidung in sich aufkommen zu lassen, wie z.B. Vorlieben oder Vermeidung bestimmter Spender oder Speisen. Von Armen und Reichen sollten sie gleichermaßen Spenden annehmen, um allen die Möglichkeit zu geben, durch ihre Gabe karmische Verdienste zu erwerben. Eine einmal angenommene Einladung zu einem Mahl durften sie nicht zugunsten einer später erfolgten Einladung absagen und sie sollten auch nicht schon gesättigt zu einem Mahl gehen. Das Essen wurde als Mittel zur Erhaltung eines gesunden Körpers angesehen, „kulinarische Vergnügen“ waren tabu. Die Jünger sollten die gespendete Nahrung, solange sie unverdorben war und den vom Buddha aufgestellten Regeln entsprach, keiner Diskriminierung hinsichtlich ihres Wohlgeschmacks oder ästhetischen Aussehens unterziehen. Sie sollten mit dem zufrieden sein, was ihnen gegeben wurde. 
 

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Die Almosengänge fanden im Allgemeinen am frühen Morgen statt, und bis zum Mittag mussten die Speisen verzehrt werden. Zu den Gründen für diese zeitliche Begrenzung zählte, dass die Haltbarkeit der meisten Nahrungsmittel wegen der klimatischen Gegebenheiten eingeschränkt war und dass die Versorgung der Jünger die Laien nicht zu sehr belasten sollte. Hauptsächlich jedoch sollte sie den Jüngern dazu dienen, die Erfüllung der körperlichen Bedürfnisse auf das Notwendige zu beschränken und sich im übrigen intensiv und störungsfrei ihrer spirituellen Entwicklung zu widmen, insbesondere durch die Meditation in der Einsamkeit und durch das Hören der Vorträge des Buddha. Noch heute wird in den meisten buddhistischen Traditionen die Regel befolgt, dass Mönche und Nonnen nur ein bis zwei offizielle Mahlzeiten pro Tag zu sich nehmen dürfen, die bis 12 Uhr mittags verzehrt sein müssen. Manche Traditionen lassen eine weitere Mahlzeit am Abend zu, diese ist jedoch inoffiziell und wird als „Medizin“ bezeichnet. Oft beschränkt sie sich dann auf nahrhafte Getränke und dünne Suppen. 

Eine eigene landwirtschaftliche Arbeit zur Sicherung des Lebensunterhalts war den Jüngern des Buddha verwehrt, würden sie doch in Gefahr laufen, beim Umpflügen der Erde oder anderer landwirtschaftlicher Tätigkeit unbeabsichtigt ein Tier zu verletzen oder töten und dadurch gegen eins der wesentlichsten Gebote des Buddha verstossen. Anfänglich lebten sie überwiegend von den gekochten Speisen (膳 oder 饍 shàn), die sie auf den Almosengängen gesammelt hatten Da sie jedoch auch noch unverarbeitete Lebensmittel erhielten, erlaubte ihnen der Buddha mit der Zeit, selbst und innerhalb ihrer Räumlichkeiten Nahrungsmittel haltbar zu machen und aufzuwärmen, letztendlich auch zu kochen (Vinaya Pitaka, Mahāvagga, MV.VI.16-30). Nach und nach genehmigte er den Jüngern ebenfalls, im Fall einer Krankheit um Fleisch, Fisch, Milch, Honig und andere besondere Nahrungsmittel zu bitten, diese wurden dann als Medizin angesehen.


In den kanonischen Schriften gibt es eine Fülle von Regeln und Vorschriften, die das Annehmen von Almosen, das Verhalten beim Essen, die Handhabung der Nahrungsmittel etc. betreffen und starken Restriktionen unterwerfen. Gleichwohl geht aus ihnen ebenfalls hervor, dass der Buddha wie in vielen anderen Dingen auch in Essensfragen immer wieder bereit war, die Gültigkeit und die Praktikabilität der von ihm aufgestellten Regel bei Bedarf zu überprüfen und gegebenenfalls den Erfordernissen entsprechend anzupassen.


Die Lehre des Buddha fand schon früh auch das Interesse wohlhabender Gesellschaftsschichten und Herrscher, die die Sangha nicht nur zu Mahlzeiten einluden, sondern ihr großzügig Schenkungen von Land und Unterkünften zukommen ließen. Diese wurden erst als temporäre Unterkünfte in der Regenzeit genutzt, später entstanden aus ihnen die ersten Klosterbauten. In den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung bestanden die Klosteranlagen aus einem Sakralbereich und mehreren zweckdienlichen Einzelbauten, zu denen auch ein Refektorium (klösterlicher Speisesaal) und eine Küche resp. ein  Küchenbereich zählten. Mit der weiteren Verbreitung des Buddhismus wuchsen die Klöster in Anzahl und Ausmaß zu beachtlicher Größe an und erlangten zunehmend materielle Unabhängigkeit. Begünstigt durch die gesicherte, regelmäßige Einnahme unverarbeiteter Nahrungsmittel begann sich in ihnen eine dem Buddhismus eigene Klosterküche entwickeln.
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Eine der Lehre des Buddha entsprechende Ernährung wird bis heute kontrovers diskutiert, besonders in Bezug auf den Verzehr von Fleisch und anderen tierischen Nahrungmitteln, wie Fisch, Eier, Milchprodukte etc. Natürlich geht man dabei von der Frage aus, ob denn der Buddha und seine Jünger Fleisch gegessen haben oder nicht, und welche Regeln der Buddha hierzu aufgestellt hat. Als wesentliche literarische Quelle wird hier überwiegend der von allen großen buddhistischen Schulen respektierte  Pali-Kanon herangezogen und zitiert, wobei es jedoch Unstimmigkeiten innerhalb des Pali-Kanons und Uneinigkeit in den Übersetzungen gibt.

So wird im Pali-Kanon in mehreren Stellen geschildert, daß der Buddha selbst Fleisch angenommen und verzehrt hat, z.B.:
»Aus dem Munde des Erhabenen, o Herr, habe ich es vernommen, aus seinem Munde es erfahren: 'Wer etwas Gutes schenkt, erhält Gutes zurück.' Etwas Gutes aber, o Herr, ist mein Schweinefleisch mit süßen Brustbeeren - etwas Gutes mein mit Öl zubereitetes Stielgemüse - etwas Gutes mein Reisgericht, von schwarzen Körnern frei, versehen mit mancherlei Brühen und Gemüsen - etwas Gutes sind meine kostbaren Benaresgewänder. Möge diese der Erhabene von mir annehmen, von Mitleid bewogen!«   Und der Erhabene nahm diese an, von Mitleid bewogen.
(Sutta Pitaka, Anguttara Nikaya, 5. Kapitel: mundarāja-vagga, A.V. 44)

An anderer Stelle proklamiert ein „Großminister“, der den Buddha und seine Jünger zu einem Mahl einläd:
Viel feste und weiche Speise wurde zubereitet und 1250 Fleischschüsseln, für jeden einzelnen Mönch werde ich eine einzelne Fleischschüssel hinbringen …“ 
(Vinaya Pitaka, Mahāvagga, MV.VI.16-30).

Im „Bhikkhu Pātimokkha“, d.h. in den „Regeln und Regelkommentaren des Hauptregelwerks der buddhistischen Bettelmönche“ werden als die fünf Hauptnahrungsmittel (bhojana / bhojaniya), die den Mönchen erlaubt sind, nicht nur solche pflanzlichen Ursprungs angeführt, sondern:
• Sieben Arten gekochter Getreidekörner (odana)
• Diese sieben Arten in anderweitiger Verarbeitung  (sattu)
• Gebackenes, das aus Gerste zubereitet wurde (kummāsa)
• Fleisch (maηsaη)
• Fisch (macchaη)
(Vinaya Pitaka, Pācittiyā Dhammā, 92 Regeln über eine Buße erfordernde Vergehen, Komm. zu Regel 35).


 Im Vinaya Pitaka des Pali-Kanons wird auch beschrieben, dass der Buddha den Verzehr von Fleisch Beschränkungen unterwarf. So sind 10 Arten von Fleisch genannt, deren Verzehr den Mönchen grundsätzlich verboten ist:  Menschen-, Elefanten-, Pferde-, Löwen-, Tiger-, Leoparden-, Bären-, Hyänen-, Hunde- und Schlangenfleisch. Der Buddha rügte in diesem Kontext einen Jünger, sich nicht der Herkunft des von ihm gegessenen Fleisches vergewissert zu haben (Vinaya Pitaka, Mahāvagga, MV.VI.16-30).

Zudem durfte ein Jünger Buddhas die Spende von fleischlicher Nahrung in drei Fällen NICHT zu sich nehmen, und zwar wenn er
  • gesehen hatte,
  • gehört hatte
  • oder vermutete, 
dass das Tier, dessen Fleisch ihm gespendet wurde, speziell für ihn geschlachtet worden war (Vinaya Pitaka, Mahāvagga VI.31-33, MV.VI.31 - 177. Licchavīvatthu  und  Sutta Pitaka, Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung 55. (VI,5) Jīvaka Sutta). In Anlehnung an diese Einschränkung wird das Fleisch, dessen Verzehr den Jüngern vom Buddha erlaubt wurde, als „dreifach untadeliges Fleisch“ oder „dreifach reines Fleisch“ (skt.: tri-koṭi-śuddha-māṃsa, chin.: 三净肉 san jing rou) bezeichnet.
Die Einschränkung kann auf zweierlei Weisen interpretiert werden: Befürworter des Fleischverzehrs vertreten die Ansicht, daß das Fleisch rein ist, solange das Tier für andere Menschen als den Jünger bzw. Mönch getötet wurde. Gemäß dem Verständnis jener, die den Verzehr von Fleisch ablehnen, ist (wenn überhaupt) das Fleisch nur dann rein, wenn das Tier eines „natürlichen Todes“ bzw. eines Todes ohne die willentliche Gewalteinwirkung eines Menschen gestorben war.

Das Augenmerk scheint bei dem Gebot, nur „dreifach reines Fleisch“ anzunehmen, vornehmlich auf der Erhaltung eines „reinen“ Geisteszustands des Jüngers zu liegen: keine Gier, kein Neid, keine Lust oder Unlust und auch keine anderen intensiven emotionellen Regungen sollten in ihm aufsteigen,- er sollte die Nahrung in einem unbewegten Geisteszustand zu sich nehmen. Diesen konnte der Jünger jedoch nur unter der Voraussetzung einhalten, dass er nicht wissentlich oder gar willentlich Verursacher oder Begünstigter der Gewalt gegenüber einem Lebewesen resp. seiner Tötung war. Das willentliche Töten oder Tötenlassen von Lebewesen ist mit der angestrebten Geistesruhe nicht vereinbar, verletzt es doch das Gebot der Gewaltfreiheit, eines der elementarsten Gebote des Buddhismus, das in einer klaren Anweisung des Buddha seinen Ausdruck findet:
Kein atmendes Wesen soll er töten oder töten lassen
Und billige es nicht, wenn andere töten.
Er lasse von Gewalt bei allen Lebewesen,
Bei starken und bei schwachen in der Welt.
(Sutta-Nipata, Dhammika-Sutta)
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In gleichem Maß waren auch die Almosenspender gefordert, die buddhistischen Prinzipien zu respektieren, den Mönchen die Einhaltung der Gebote nicht zu erschweren und nicht speziell für sie ein Lebewesen zu töten. In der Jivaka-Sutra sagt der Buddha:
"Wer da, Jivako, um des Vollendeten oder Vollendeten Jüngers willen das Leben raubt,   der erwirbt zu fünf Malen schwere Schuld.
• Weil er da also befiehlt: 'Geht hin und bringt jenes Tier dort herbei!', darum erwirbt er zum erstenmal schwere Schuld. 
• Weil dann das Tier, zitternd und zagend herbeigeführt, Schmerz und Qual empfindet, darum erwirbt er zum zweitenmal schwere Schuld. 
• Weil er dann spricht: 'Geht hin und tötet dieses Tier!', darum erwirbt er zum drittenmal schwere Schuld. 
• Weil dann das Tier im Tode Schmerz und Qual empfindet, darum erwirbt er zum viertenmal schwere Schuld. 
• Weil er dann den Vollendeten oder des Vollendeten Jünger ungebührend laben läßt, darum erwirbt er zum fünftenmal schwere Schuld.
 „

(Sutta Pitaka, Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung, 55. (VI,5) Jīvaka Sutta)

Das Besondere an dieser Textstelle ist, daß hier explizit das „In-Auftrag-geben“ des Tötens als verwerflich geschildert wird, zudem in fünffacher Hinsicht. Ein nach der Lehre des Buddha lebender Laienanhänger war also ebenfalls aufgefordert, kein Lebewesen zu töten oder töten zu lassen. Folgerichtig unterlag er im Rahmen des „Achtfachen Pfades“der Verpflichtung zu „rechtem Lebensunterhalt“ (skr.: samyag ajiva, chin.: 正命), die die Ausführung bestimmter Tätigkeiten ausschloß. Im Korb der Lehrreden des Pali-Kanons erläutert der Buddha:
Fünf Arten des Handels, ihr Mönche, sollte der Laienjünger nicht ausüben. Welche fünf? Handel mit Waffen, Lebewesen, Fleisch, Rauschmitteln und Giften. Diese fünf Arten des Handels, ihr Mönche, sollte der Laienjünger nicht ausführen.
(Anguttara-Nikaya 5:177  - Vanijja Sutta)

So war der Laienanhänger von den wesentlichen Bereichen der Produktion von fleischlicher Nahrung ausgeschlossen: dem Handel mit Tieren, dem Schlachten der Tiere und dem Handel mit deren Fleisch.
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Hinweise darauf, wie sich nach dem Hinscheiden des Buddha die Handhabung des Fleischverzehrs in den frühen buddhistischen Gemeinschaften gestaltete, sind rar. In der Frühgeschichte des Buddhismus gab es jedoch verschiedentlich Königreiche, in denen allgemein das Töten von Tieren zum Fleischverzehr stark beschränkt war und in denen man eine vegetarische oder gar vegane Lebensweise propagierte. Inwieweit sich daraus auf eine vegetarische/vegane Ernährungsweise in den buddhistischen Klöstern schließen läßt, sei dahingestellt.


Im dritten vorchristlichen Jahrhundert wurde von König Ashoka (304–232 v.Chr.), der den Buddhismus aus der Vielzahl an indischen Religionen heraushob und zur Staatsreligion deklarierte, der Fleischverzehr wenn auch anscheinend nicht grundsätzlich verboten, so doch starken Restriktionen unterzogen. Zum Bemühen, den Fleischverzehr an seinem eigenen Königshof zu unterbinden, ließ er in einem seiner Edikte festhalten:
Früher wurden in der Küche des Königs Devānampriya Priyadārsin täglich viele hunderttausend Tiere getötet, um Fleischragout zu bereiten. Jetzt aber zur Zeit der Abfassung dieses moralischen Ediktes werden nur noch drei Tiere getötet, um Fleischragout zu bereiten, zwei Pfauen und eine Antilope und auch diese Antilope nicht regelmäßig. Aber auch diese drei Tiere sollen künftig nicht mehr getötet werden.
(Auszug aus dem 1. Felsenedikt des Königs Ashoka, in der Übersetzung von Wolfgang Schuhmacher)

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Der berühmte chinesische Mönch Faxian (法显), einer der frühen chinesischen „Indienpilger“, der zwischen 399 und 412 von China nach Indien reiste, schilderte in seinem „Bericht über die buddhistischen Länder" ("佛国记" fóguójì) seine Eindrücke von „Zentralindien“ (中天竺  zhong tian zhu), dem Heimatland des Buddhismus, wie folgt:
Im ganzen Land wird von den Menschen weder ein Lebewesen getötet, noch Alkohol getrunken, noch Zwiebeln und Knoblauch verzehrt. Die einzige Ausnahme sind die „Chandalas“, das ist der Name für die üblen Menschen, ….  In diesem Land werden keine Schweine und kein Geflügel gehalten, und sie verkaufen kein lebendes Vieh. Auf den Märkten gibt es keine Metzgereien und keine Spirituosenhändler.“ 
举国人民,悉不杀生,不饮酒,不食葱蒜, 唯除 旃荼罗,旃荼罗 名为恶人,….. 国中不养猪鸡,不卖生口,市无屠店,及沽酒者。
(高僧法显传  gaoseng faxian zhuan)

Hier wurde das Töten von Tieren also einer Gruppe von „niedrigen, üblen“ Menschen überlassen, den „Chandalas“, die die unterste Gesellschaftsschicht darstellten und sich mit Klangzeichen erkennbar geben mussten, wenn sie sich in einer Stadt aufhielten. Aus Faxians Beschreibung ist nicht ersichtlich, ob sich die buddhistischen Gläubigen jenes Landes nur des Tötens von Tieren oder auch des Verzehrs ihres Fleisches enthielten. 




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Mit der weiteren Ausbreitung des Buddhismus über den indischen Kulturkreis hinaus wurden die ursprünglichen Regeln und Grundsätze zu Nahrungsbeschaffung und -verzehr den in den jeweiligen Regionen und Kulturen vorgefundenen Gegebenheiten angepasst. Bis heute verüben in den Ländern, in denen vorrangig der Theravada-Buddhismus praktiziert wird – Sri Lanka, Myanmar, Thailand, Kambodscha, Laos - die Mönche wie zu Buddhas Zeiten morgens ihre Almosengänge und folgen in Bezug auf die Speisen im Großen und Ganzen den ursprünglichen Regeln. In den Ländern, in denen überwiegend die Vajrayana-Richtung des Mahajana-Buddismus ausgeübt wird,- Tibet, Bhutan und Mongolei,- leben die Mönche nicht mehr von Almosengängen. Der Fleischkonsum ist ihnen jedoch seit jeher erlaubt und üblich, mit dem Hinweis auf ein durch natürliche Gegebenheiten eingeschränktes Nahrungsangebot. In diesem Jahrtausend scheint sich nun eine Wende anzubahnen: zwei der zur Zeit weltweit prominentesten Führer tibetischer Schulen, der Dalai Lama Tendzin Gyatsho und der Karmapa Orgyen Trinle Dorje, wie auch andere außerhalb von Tibet lebende hochrangige Würdenträger des tibetischen Buddhismus propagieren heute intensiv den Vegetarismus.


Der chinesische Buddhismus ging – wie so oft - eigene Wege. Eine vegetarische/vegane Ernährungsweise wurde schon früh in den han-buddhistischen Klöstern Chinas eingeführt, und bis heute wurde sie beibehalten. Zudem enthält man sich konsequenterweise auch der Verwendung jeglicher durch die Tötung eines Tieres entstanden Materialien, wie Leder, Felle etc. Durch die Verbreitung des chinesischen Chan-Buddhismus gelangte die Tradition der vegetarischen Ernährung auch nach Japan und Korea. In Japan führte 676 der Kaiser Tenmu das Vebot des Fleischverzehrs ein, und 1127 trat das Verbot des Fischfangs in Kraft. Mit der „Erneuerung“ Japans unter Kaiser Meiji und der Öffnung gegenüber westlichen Gepflogenheiten wurden um 1868 diese Verbote wieder aufgehoben. In Japan wie auch in Korea, das eine in Bezug auf buddhistischen Vegetarismus wechselhafte Geschichte aufweist, wird heute in Abhängigkeit von der jeweiligen buddhistischen Schule, der das Kloster bzw. der einzelne Mönch folgt, eine vegetarische/vegane oder eine Fleisch und/oder Fisch beinhaltende Ernährungsweise eingehalten.

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Bilder Nr. 1 bis 5 sowie 8 und 9: copyright by H. Kopp-Delaney, Veröffentlichung mit seiner freundlichen Genehmigung. Einen besonderen Dank an ihn für seine Großzügigkeit! Mehr von seiner Kunst unter folgendem Link: Kopp-Delaneys Fotostream und auf  Kopp-Delaneys Webseite.

Bilder Nr. 7 und 8: download von baidu-baike 百度百科


Die Inhalte dieses Artikels wurden von mir nach bestem Wissen und Gewissen auf ihren Wahrheitsgehalt hin geprüft und erstellt. Letztendlich geben sie meine Reflektion der Dinge wieder. Quellenangaben sind auf Anfrage hin erhältlich.
1.11.2011 - copyright yss
Urheberrechtlich geschützt
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Shaolin-Tempel -
Vor der Küchentür


... knocking on heaven's door ...

"Hörst du die Töpfe scheppern?"


Versuchter Einbruch ....


Knurrende Mägen

Smalltalk mit Schüsseln und Stäbchen

Einlass


Mönchsdisziplin


Heiss und begehrt





1.10.2011-yss
Letzte Änderung: 31.10.2011
copyright by: yss



Hundeleben im Shaolin-Tempel


Wie es einem Hund mit schlechtem Karma in China ergehen kann, konnte man noch 2008 direkt gegenüber dem Shaolin-Tempel in der Siedlung Wangzhigou erleben: dort gab es am Ortseingang einen Hundefleischhändler, der auf der Freifläche vor seinem Laden in einem Käfig seine „Ware“ ausstellte. 
3 Hunde und 1 Käfig

















Erfreulicherweise gab es ihn dort im darauffolgenden Jahr nicht mehr,- ob er nur seinen Geschäftssitz oder gar seinen Beruf gewechselt hatte, wer weiß…? Heute ist an diesem ehemaligen Ort des Leidens ein Schnellimbiß mit vielen Fliegen zuhause, und ein Kramladen, der in seiner Kühltruhe neben Grüne-Erbsen-Eis auch ein für chinesische Verhältnisse aussergewöhnlich leckeres Milcheis birgt.

Wesentlich glücklicher als jene Hunde von Wangzhigou sind die des Shaolin-Tempels!!! Sie können sich größtenteils frei und ungezwungen bewegen. Es gibt vor allem zwei Arten: die „Hätschelhunde“ und die „Charakterköter“. Jedem Hund sein Karma. Zu den Hätschelhunden gehören zum Beispiel das „Püppchen“ aus der Medizinhalle und der als Prestigeobjekt nicht ganz so freie Chowchow (松狮犬 "Löwenhund"), der meist an der Leine spazierengeführt wird. Letzterer hat ein kuschelweiches Fell, macht einen gut genährten und gepflegten Eindruck, wird seeehr oft gekämmt und noch öfter gestreichelt, was seine Intelligenz nicht zu fördern scheint.

"Püppchen"

"Löwenhund"
 
Zu den „Charakterkötern“ zählen die beiden Dingos und die beiden Promi-Hunde (Promenadenmischungshunde), der kleine schwarze „Teufel“ in der Medizin-Halle u.v.a. Sie streunen oft frei im Tempel herum, meist frühmorgens oder abends, und lassen sich nur bedingt auf ein Abhängigkeitsverhältnis zu Mönch und Mensch ein.
"Dingo-Hund"

"Promi-Hunde"


Einen von den „Charakterkötern“ fand ich besonders interessant …
... den "Vegetarischen Shaolin-Kampfhund"


Von seinen Farben her erinnerte er mich an den Dackel meiner Kindheit. Er war jedoch hochbeinig, schlank und flink wie eine Gazelle, geschmeidig wie ein Wiesel, und er sprühte nur so vor Energie. Stur wie Bodhidharma konnte er auch sein. Der Gesichtsausdruck war meist pragmatisch-indifferent, doch die Augen funkelten lebhaft. Seine großen Leidenschaften: Schuhe-Kauen, Waden-Beißen, Hände-Nagen, Mäntel-Rupfen und Rennen -- alles je länger, desto lieber. Nur sehr selten und eher unwillig oder versehentlich ließ er sich streicheln oder kraulen, ohne die kraulende Hand mit spitzen Zähnen zu ergreifen und wie einen frischen Kaugummi zu bearbeiten.





Zu Beginn der Morgenzeremonie begnügte er sich meist mit kleinen Probebissen in die Schuhe oder damit, kurz mal mit einer Pfote die eine oder die andere Wade anzukratzen. Spätestens am Anfang der Rezitation des Surangama-Mantras überließ er - vielleicht aus Mitgefühl - die Teilnehmer dem Fluss der Töne und ihre Waden den Mücken. Ab und zu trafen wir uns im Lauf der Tage zu kurzem Partnertraining im Tempel oder zu relaxten Abendspaziergängen vor dessen Toren.
 
Da er nahezu kachektisch war,- kauen allein macht nicht satt,- lud ich ihn zum Essen ein, natürlich nach Wangzhigou, zur „Mama“. Sie kramte einen schon zubereiteten Hühnerschenkel vor, an dem doppelt so viel Fleisch war wie an den Schenkeln des Hundes. Der freute sich und futterte das Hühnerbein mit Haut, Haar und Knochen innerhalb weniger Minuten unter den teils amüsierten, teils leicht neidischen Blicken der im Freien sitzenden Gäste. Später fand ich im Tempel den Mönch, auf den er aufpasste, und der ihm ein dünnes Band um den Hals gehängt hatte, wohl um potentiellen Hundehändlern zu zeigen, dass dieser Hund Verpflichtungen hat und somit nicht frei zum Abschlachten ist. Der Mönch ermahnte mich, dass der Hund eigentlich von vegetarischer Küche lebe. Ich war hin- und her gerissen zwischen „Kein Wunder, dass er so dünn ist, dauernd etwas zum Beißen will und kahle Flecken im Fell hat“ und „Hab’ ich jetzt sein gutes Karma vermasselt?“
 
Nun der Hund nahm es mir nicht übel und biss weiter freundschaftlich, doch nicht ohne Nachdruck in meine Schuhe, Füße, Knöchel, Waden, Arme, Hände, Haare. Einmal warm gekämpft, war er kaum noch zu halten,- trat ich die Flucht an, so stürzte er sich oft zum Entsetzen der Mönche auf die vorbeiziehenden Touristen … 
  


Am Abend vor meiner Abreise begleitete er mich wieder ein Stück in Richtung Wangzhigou und wir suchten ein letztes Mal den kleinen Trainingsplatz - rechts den Hang hoch - auf, der nun leer war, da alle menschlichen Kämpfer an ihren Futternäpfen saßen. Wir trainierten noch ein bißchen „Ellbogen beißen“ (er) und „Beine wegschlagen“ (ikke). Er galoppierte über den trockenen Lehmboden, als wäre es das Schönste  auf der Welt, voll Begeisterung herumzurennen, und um noch schneller zu sein, ging er vom Hin- und Herrennen zum im-Kreis-Sprinten über. Ich wartete wieder fassungslos und umsonst auf ein Anzeichen von Erschöpfung seinerseits.
Als der ganze Platz in eine Staubwolke gehüllt war, stahl ich mich davon ….


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Zurück im fernen Westen hoffe ich, dass auch andere Besucher des Shaolin-Tempels sich nicht von seinen tierischen Bewohnern gestört fühlen, sondern sich an und mit ihnen erfreuen können.
Das Mitgefühl mit allen Lebewesen dieser Erde ist ein im Buddhismus hoch geschätztes Ideal und findet einen besonderen Ausdruck in dem alljährlichen Ritual der Freilassung von Tieren  (放生 fangsheng). Diese werden jedoch oft eigens für dieses Zemoniell gefangen und an gläubige Buddhisten verkauft, um von ihnen dann in eine Freiheit entlassen zu werden, die nicht selten einen verfrühten Tod oder erneute Gefangennahme bedeutet. Es gibt jedoch interessante Ansätze einer Neuinterpretation dieses oft in der Sinnlosigkeit erstarrten Rituals durch junge Tierschützer, z.B. Übernahme von Patenschaften für Tiere u.a..
Die Mönche - und auch alle anderen Menschen-, die sich eines einfachen Hundes "von der Strasse" annehmen, um ihm ein Leben in Sicherheit und Freiheit zu ermöglichen, zeigen meines Erachtens nach mit ihrem Handeln mehr Mitgefühl und bewirken mehr Gutes, als durch das oben genannte buddhistische Ritual. Um  zu verdeutlichen, wovor sie ihre Hundefreunde möglicherweise bewahrt haben, sei hier noch ein Video vorgestellt, das jedoch einige Bilder enthält, deren Betrachtung Kindern und anderen empfindsamen Menschen nicht zu empfehlen ist: Hundeleben (nicht nur) in China .



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*Foto "Der Löwenhund": copyright by Hugo Kämpf; Veröffentlichung mit seiner freundlichen Genehmigung
übrige Fotos & Text: copyright yss
07.09.2011 - yss
Letzte Änderung: 21.09.2011
Urheberrechtlich geschützt



Die Kleidung der Shaolin-Mönche


Die Gewandung zählt zu den sieben Besitztümern eines buddhistischen Mönchs. Sie wird auch Kesa (袈裟 jiasha / kaṣāya) genannt und symbolisiert das bescheidene Leben in maßvoller Askese, soll sie doch lediglich den Körper wärmen, kühlen, vor Insekten schützen und aus Anstand bedecken. Ursprünglich wurde sie aus den Flicken von Stoffen, die niemand mehr verwenden wollte (Tücher zum Einwickeln von Leichen vor ihrer Verbrennung, angebrannte Stoffe, von Blut verunreinigte oder von Ratten angenagte Stoffe u.a.), zusammengenäht. Das daraus entstandene Tuch (割截衣 gejieyi) wurde mit Hilfe von Pflanzen und andern Naturstoffen eingefärbt und erhielt, da oft Safran oder Kurkuma verwendet wurden, meist eine safran-ähnliche gelbliche Farbe. Während die Jahrtausende alte buddhistische Tradition hinsichtlich der Farbgebung der Gewänder in großen Teilen erhalten geblieben ist, sammeln die buddhistischen Mönche jedoch schon lange nicht mehr Stoffreste auf Müllhalden oder Friedhöfen, sondern kleiden sich in gespendete oder gekaufte Gewänder. Entsprechend dem Gebot der Gewaltlosigkeit sollen die Gewandungen nicht aus Materialien bestehen, die die Tötung  oder Verletzung von Tieren voraussetzen, wie Leder, Fell, Tierhaar, Seide, Farbstoffe auf tierischer Basis, u.v.m.


Den zu Buddhas Zeiten getragenen Gewandungen am ähnlichsten sind heute die von den Mönchen des Theravada-Buddhismus der südostasiatischen Länder getragenen Roben. Diese bestehen aus: 

Außengewand          samghati            僧伽梨       (sengjiali)   
Obergewand             uttarasanga        鬰多羅僧   (yuduoluoseng)               
Untergewand            antarvasaka       安陀會       (antuohui).
         
Das Untergewand ist ein Tuch, das mit Hilfe eines als Gürtel dienenden Stoffstreifens um die Hüfte gebunden wird und bis oberhalb der Knöchel reicht. Das Obergewand wird von den Mönchen in ihrer Residenz getragen, es reicht vom Hals bis zu den Knöcheln und lässt eine Schulter unbedeckt. Über dieses Gewand wird noch zusätzlich das Außengewand angelegt, wenn der Mönch seine Residenz verlässt, sich zu Almosengängen oder aus anderen Gründen in die Öffentlichkeit begibt. Ursprünglich hatte der Buddha den Mönchen den Besitz von nur zwei Gewandungen angewiesen, erst später erlaubte er das aus zwei Stoffschichten bestehende Außengewand/samghati als zusätzliche Bekleidung während der kalten Jahreszeit. Die Art und Weise, wie der Körper in die drei Gewandungen drapiert wird, kann je nach Land, Sekten-Zugehörigkeit und Tätigkeit des Mönches Variationen unterliegen. Theravada-Nonnen besitzen zudem zwei zusätzliche Kleidungsstücke: eine Art Weste (samkacchika) unter dem Hauptgewand und ein Badekleid (udakasatika).


Eine weitere Besonderheit der buddhistischen Mönchskleidung bezieht sich auf einen Ausspruch des Buddha, der beim Anblick von Reisfeldern zu seinem Jünger Ananda sagte: „Die Gewänder aller Buddhas der Vergangenheit waren wie diese Reisfelder. Auch in der Zukunft sollen die Gewandungen so sein“. Ananda soll danach das „Schnittmuster“, das den heutigen Mönchsroben zugrunde liegt, entworfen haben: mehrere die Reisfelder repräsentierende Stoffbahnen werden zu einem bestimmten Muster zusammengefügt und durch weitere schmale Stoffstreifen, die die Bewässerungsgräben und Wege zwischen den Feldern symbolisieren,  miteinander verbunden. Das ganze Ensemble wird zum Schluss mit einem breiten Rand umsäumt.


Form, Konzept und Bedeutung der Mönchsroben erfuhren mit der Ausbreitung des Buddhismus in China diverse Veränderungen. So widersprach es den chinesischen Regeln von Anstand und Sitte, sich - wie bei den buddhistischen Mönchen Indiens üblich - in der Öffentlichkeit mit entblößter Schulter und offenem Schuhwerk zu zeigen, Schulter, Arme und Füße mussten bedeckt bleiben. Auch das Wegfallen der Almosengänge im chinesischen Buddhismus und die Einführung klösterlicher Arbeit hatten einen Einfluss auf die Kleidung der Mönche. Mehr und mehr wurde die Kasaya nur noch zu den Zeremonien, zur Meditation, zu Lesungen und besonderen Anlässen getragen. Mit zunehmender Macht entledigte sich zudem der Klerus in den großen Staatsklöstern Chinas  der äußeren Bescheidenheit und passte sich den Gepflogenheiten des kaiserlichen Hofes an: die hohen Priester und Würdenträger trugen kostbar verzierte Roben aus Seide und Brokat,- eine Entwicklung, die in vielen Zügen jener in der christlichen Kirche ähnelt.


Heute unterscheiden sich in China die Gewandungen der Mönche entsprechend der drei großen im Land vertretenen buddhistischen Schulen: dem überwiegen im Nordwesten und Westen Chinas vertretenen Tibetischen Buddhismus (西藏佛教 xizang fojiao), dem Buddhismus chinesischer Tradition bzw. „Han-Buddhismus“ (汉传佛教 han chuan fojiao) und dem vornehmlich im Südwesten Chinas verbreiteten Theravada-Buddhismus, in China „Südlicher Buddhismus“ (南方佛教 nanfang fojiao) genannt.


Im Buddhismus han-chinesischer Tradition werden die drei rituellen Mönchsgewandungen (三衣 san yi) nach der Anzahl der Bahnen bzw. Streifen, aus denen sie zusammengenäht sind, differenziert und den „Großen Regeln der drei Plattformen“ (三坛大戒 santandajie)  zugeordnet. Sie sind in allen Klöstern der han-chinesischen Richtung gleich, egal ob diese sich im Süden Chinas, in Los Angeles, Beijing, Berlin oder auf Putuoshan befinden.
Dem Untergewand/samghati  entspricht das aus fünf Bahnen zusammengesetzte sogenannte fünfteilige Gewand (五條衣 wu tiao yi / 五衣wu yi). Es ist dem Erhalt der Novizenregeln zugewiesen und wird von Novizen bei  zeremoniellen Anlässen  getragen. Im Allgemeinen nehmen die Novizen des Shaolin-Tempels jedoch an den täglichen Zeremonien nur in ein „Haiqing“ (s.u.) gekleidet oder ganz ohne rituelle Gewandung teil.
Dem Obergewand/uttarasanga entspricht das aus sieben Bahnen zusammengesetzte siebenteilige Gewand (七條衣 qi tiao yi / 七衣 qi yi), das den Mönchsregeln zugeordnet ist. Es wird von den Mönchen bei den täglichen Zeremonien und bei der buddhistischen Lektüre angelegt. Ist das siebenteilige Gewand von roter Farbe, wird es „Chan-Gewand“ (忏衣 chán yi) genannt und  bei großen Zeremonien getragen.
Dem Außengewand/antarvasaka ist eine Kategorie von Gewandungen gleichzusetzen, die unter der allgemeinen Bezeichnung „Große Robe“ (大衣 da yi) zusammengefasst sind. Die Gewandungen dieser Kategorie sind dem Erhalt der Bodhisattva-Regeln zugeordnet und werden zum Empfang von Almosen, zum Besuch von Älteren und Höherstehenden, bei der Verkündigung der Lehre Buddhas und besonderen Zeremonien getragen. Hierzu zählt das neunteilige Gewand (九條衣  jiu tiao yi / 九衣 jiu yi) sowie einige weitere Gewandungen mit einer steigenden Anzahl von Bahnen, an deren Ende das 25-teilige Gewand (二十五條衣 ershiwu tiao yi) der Äbte und hohen Würdenträger steht.
Neunteiliges Gewand / 九条衣 jiutiaoyi

Fünfteiliges Gewand / 五条衣  wutiaoyi


Siebenteiliges Gewand / 七条衣 qitiaoyi







(2) Siebenteiliges Gewand (七条衣 qitiaoyi)

Zusammenlegen des siebenteiligen Gewandes: 

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Anleitungen zum An- und Ablegen einer Mönchsrobe:
Anlegen der Mönchsrobe
Ablegen der Mönchsrobe



Shi Yongxin, der Abt des Shaolin-Tempels (少林寺方丈释永信), erregte 2009 durch den Besitz eines ausserordentlich prachtvollen und kostbaren 25-teiligen Gewandes den Unmut vieler chinesischer Buddhisten, die darin Prunksucht und einen Mangel an Bescheidenheit sahen. In mehreren großen chinesischen Web-Portalen wurde er deshalb kritisiert. Der Abt  gab an, daß er nicht beabsichtige, dieses Gewand zu tragen, sondern es in späterer Zeit in dem vom Tempel geplanten Museum als ein Beispiel des chinesischen Kulturerbes ausstellen wolle.
Das Gewand ist eine hochwertige Brokatarbeit mit einem Gesamtwert von 160 000 Yuan. Es wurde aus Goldfäden im Wert von 50 000 Yuan gewirkt, sein Verschluss ist eine Schnalle aus 18-karätigem Gold und einem Jade-Ring.  Shi Yongxin soll es als Geschenk von Wang Baolin (王宝林), dem Direktor des „Instituts für Wolken-Brokat in Nanjing“ (南京云锦研究所  nanjing yunjin yanjiusuo) erhalten haben.
Obwohl der Abt Luxus und Statussymbolen nicht abgeneigt ist, pflegt er zumindest in Bezug auf Kleidung bei seinem Auftreten in der Öffentlichkeit eher einen bescheidenen, pragmatischen Stil. Zu den großen Zeremonien und festlichen Anlässen ist er standesgemäß in das 25-teilige Gewand aus den üblichen Materialien gekleidet. Jenseits zeremonieller Pflichten trägt er in der Öffentlichkeit meist einen schlichten ockerfarbenen „Großen Übermantel“, gleich ob er einen Präsidenten trifft, an einer Konferenz mitwirkt, Arbeiten im Kloster inspiziert, ein Gespräch mit Mönchen führt oder einen kleinen Spaziergang vor dem Kloster  unternimmt...

(8) Wolkenbrokat-Gewand
(9) Wolkenbrokat-Gewand, Ruyi-Haken & Jade-Ring





Im Shaolin-Tempel erhält ein Mönch bei seiner Ordination, also bei der Dharma-Versammlung zur Weitergabe der „Großen Regeln der drei Plattformen“, folgende drei Gewandungen: das fünfteilige Gewand, das von ihm im Grunde nur während der Ordinationszeit genutzt wird, das siebenteilige Gewand und ein 25-teiliges Gewand. Das 25-teilige Gewand wird im allgemeinen ebenfalls nur während der Ordinationszeit verwendet, ansonsten ist es nur ausgewählten Mönchen zu bestimmten Anlässen vorbehalten, wie z.B. Mönchen, die die Vertretung des Abtes übernehmen, wenn sich dieser außerhalb des Tempels befindet.


Die mit Hilfe eines sogenannten „Ruyi-Hakens“ (如意钩 ruyigou) und eines Rings befestigte fünf-, sieben- oder mehrteilige Robe wird über einem weiteren rituellen Gewand getragen, dem „Haiqing“ (海青).  Das „Haiqing“ wurde als zeremonielles Gewand in der Zeit der Song-Dynastie eingeführt. Seine langen Ärmel sind den Flügeln eines Seevogels nachempfunden.  In seiner dunkelbraunen oder schwarzen Variante wird es auch von buddhistischen Laien zu den Zeremonien getragen.

(10) Haiqing (海青

Anleitung zum Entfalten und Anlegen, Ablegen und Zusammenfalten eines "Haiqing":
Anlegen des "Haiqing"
Ablegen des "Haiqing"



(11) Kurzer Übermantel  短褂 duan gua
(12) Großer Übermantel 大褂 da gua
In den Mußestunden und zu alltäglichen (nicht rituellen) Arbeiten kleiden sich die Shaolin-Mönche in einen einfachen, aus Hose und gebundenem oder geknöpftem Hemd  bzw. Kittel bestehenden Anzug,  dieser wird schlicht als „Mönchsgewand“  oder "Mönchskleidung" (僧衣 sengyi oder 和尚衣 heshangyi) bezeichnet. Die Hosenbeine werden bis mindestens in Wadenhöhe zusammengehalten Der Kittel wird entsprechend seiner Länge auch „Großer Übermantel“ (大褂 da gua) oder „Kurzer Übermantel“ (短褂 duan gua) genannt. Unter ihm oder anstelle von ihm trägt "der moderne Mönch" mit Vorliebe ein T-Shirt. Der Anzug mit kurzem Übermantel oder T-Shirt ist auch die Standard-Kleidung der Kampfmönche. Bei Showauftritten unterliegt die Kleidung jedoch vielen Variationen; beliebt ist die "Schulter-frei"-Variante, die zum einen an das "prä-chinesische" buddhistische Mönchsgewand erinnert, zum anderen - natürlich ganz ungewollt - die physische Attraktivität des Kampfmönchs unterstreicht. Oft werden bei Auftritten, sowohl aus praktischen als aus ästhetischen Gründen, an den Unterschenkel Stulpen getragen, die mit Bändern fixiert sind. 

Die Kleidung der Kampfmönche erfreut sich auch bei vielen Schülern der Shaolin-Kampfkunst großer Beliebtheit, und da sie - wie auch die rituellen Mönchsgewänder - frei verkäuflich und in China oder über das Internet jederzeit leicht zu erwerben ist, wird sie dementsprechen oft von jenen Shaolin-Schülern und Shaolin-Fans getragen, die ihren Wunsch nach Identifikation mit den Shaolin-Mönchen auch durch Äußerlichkeiten unterstreichen möchten. Bei denjenigen, die die Shaolin-Kultur mit kommerziellen Interessen - meist dem Unterrichten von Shaolin-Kungfu und/oder Shaolin-Qigong - verbinden, ist es schon zum Standard geworden, sich - zumindest - in der Kleidung der Shaolin-Kampfmönche zu präsentieren.
Mitunter nimmt die Nutzung klösterlicher Kleidung durch Laien auch exzessive Formen an, die an Lächerlichkeit kaum zu überbieten sind. So scheuen sich z.B. mehrere ehemalige Shaolin-Kampfmönche, die als Meister des Laienstandes mit im Shaolin-Tempel erworbenen Wissen ihren Lebensunterhalt verdienen, nicht, sich in Gewandungen, die im Buddhismus hohen Würdenträgern vorbehalten sind, zu präsentieren und sich mit überproportionalen Gebetsketten zu schmücken. Mit der richtigen Kleidung wird so aus einem profanen Kampfkunstlehrer schnell ein "buddhistischer Pfarrer" oder gar "Erzbischof "... 

Auf der klösterlichen Seite hingegen gibt es durchaus auch den Verzicht auf Mönchskleidung. So treten viele der Kampfmönche außerhalb des Klosters in "Zivilkleidung" oder in "Halbzivil" (graue Hose der Alltagsgewandung der Mönche, ansonsten diskrete nichtklösterlich Kleidung) auf, insbesondere die Mitglieder der Showteams auf ihren Reisen. Auch gibt es einige wenige Mönche des Kloster, die sich zeitweise in "Zivilkleidung" in die Öffentlichkeit begeben, um so weniger die Aufmerksamkeit der Anderen auf sich zu ziehen. Zu offiziellen Anlässen treten jedoch alle in klösterlicher Kleidung auf. Hier sei darauf hingewiesen, dass es in der jüngeren Geschichte des chinesischen Buddhismus auch hochrangige Mönche gab, die für die Abschaffung der speziellen Mönchsgewandungen eintraten, so z.B. der berühmte Mönch Taixu (太虚, 1890 - 1947).


Im Winter bieten den Mönchen schwere, wattierte Mäntel und gefütterte Mützen Schutz vor der Kälte.



(13) Farben der Alltagskleidung derShaolin-Mönche

In der Frühzeit des Buddhismus hatte die Farbe der Mönchs-Kleidung eine Bedeutung in Bezug auf die Schule, der der Mönch angehörte: die Anhänger des Sarvāstivāda bevorzugten die Farbe Schwarz, die der Dharmaguptaka-Schule die Farbe Rot und Mahāsāṃghika-Anhänger favorisierten Blau oder Gelb. In China setzte sich diese Beziehung zwischen Schulzugehörigkeit und Farbgebung der Gewandungen eine Zeit lang fort, verlor jedoch ihren Sinn, nachdem die chinesischen Klöster per kaiserlichen Edikt auf die Ordinationslinie der Dharmaguptaka-Schule verpflichtet wurden. 
Heute ist hinsichtlich der farblichen Gestaltung der han-buddhistischen rituellen Mönchsgewandungen kennzeichnend, dass sie sich vornehmlich auf die warmen Farben des Farbspektrum beschränkt. Während die rituellen Gewandungen (incl. „Haiqing“) der Meditations-Mönche, d.h. jener Mönche, die in der Meditationshalle leben, meist von einheitlich kaffee- bis dunkelbrauner Farbe sind, weisen jene der übrigen Mönche neben Braun auch Orange- und Rottöne auf.
Das „Haiqing“ der Mönche ist meist in leuchtendem Gelb-Orange gehalten, jenes der buddhistischen Laien – wie schon erwähnt - in Dunkelbraun bis gebrochenem Schwarz. Der Arbeitsanzug mit großem oder kurzem Übermantel ist im Allgemeinen von ockergelber, hell- bis dunkelgrauer oder brauner Farbe.




Seit der Anfangszeit des Buddhismus zählt das Gewand neben Unterkunft, Essen und Medizin  zu den grundlegenden Spenden, die die Mönche von den Laien erhalten sollen. Die bei seiner Herstellung zusammengenähten Stoffteile erinnern auch an die Form des chinesischen Zeichen für „Feld“ (田 tian). Deshalb erhielt das Mönchsgewand im chinesischen Buddhismus den Namen „Gewand des Feldes der Verdienste“: es erlaubt den Gläubigen, mittels der guten Tat der Spende, das „Feld der Verdienste“ zu bepflanzen. 


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Ach ja, die Schuhe der Mönche …..


1) … sollten natürlich nicht aus Leder sein …
2) … werden regelmäßig gelüftet ….
3) …

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Fotos 2 bis 7, 10 bis 12 und 14 bi 15: Copyright by yss, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Shi Yankai (释延开) und Shi Yanqian (释延浅),  denen ein besonderer Dank für ihre geduldige wie auch tatkräftige Mithilfe an diesem Artikel gebührt.
Fotos 8 und 9: Copyright by Xinhuanet, download am 04.06.2011 von: 
Foto 13: copyright by Chris Bastian, Veröffentlichung mit seiner freundlichen Genehmigung
04.06.2011 - yss
Letzte Änderung: 23.09.2011
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