Der Pagodenhof (塔院 ta yuan)



Nordwestlich der „Halle der sechs Patriarchen“ stehen zwei steinerne Pagoden, die zu den ältesten Architekturen innerhalb der Mauern des Shaolin-Klosters zählen: die Shakya-Pagode (釋迦佛塔 shijia fo ta) und die Maitreja-Pagode (下生彌勒菩萨塔 xia sheng mile pusa ta).
Beide  Pagoden wurden 1087, in der Zeit der Nördlichen Song (960 – 1127 n. Chr.) auf Initiative des Abtes Guangqing  (广庆  guangqing) hin errichtet. Guangqing leitete den Shaolin-Tempel in der Zeit von 1084 bis 1087. In Gedenken an die "Dritte große Buddhistenverfolgung" unter dem Tang-Kaiser Wuzong (唐武宗 tang wuzong, Regierungszeit: 840 - 846), die die Zerstörung zahlreicher buddhistischer Tempel und ihrer Kunstwerke mit sich brachte, wollte er einen würdevollen und sicheren Aufbewahrungsort für zwei Skulpturen aus der Tang-Dynastie erschaffen: eine Statue des Buddhas der Gegenwart (Shakya) und eine des Buddhas der Zukunft (Maitreija). 

Die Shakya-Pagode ist auf einer zweistöckigen Terrasse errichtet und misst im Grundriss ca. 3 x 4 Meter. Die zwei Etagen der Pagode weisen bogenförmige Öffnungen zu kleinen Innenräumen auf. Im unteren Raum befindet sich eine kolorierte Statue des Shakyamuni-Buddha von 1,73 Metern Höhe. An der Westwand der Pagode befindet sich eine Inschrift des Abtes Guangqing.


 
Statue des Shakyamuni-Buddha in der Shakya-Pagode des Shaolin-Tempels

Im oberen Abschnitt der Pagode hatte sich im Sommer 2009 ein Schwarm friedlicher Wespen sein Nest gebaut,- ein kleines Kunstwerk, das nur in diesem Jahr zu bewundern war!
 


Wenige Meter östlich der Shakya-Pagode steht die Maitreja-Pagode. Mit ihren 9 Stockwerken bei 10 Metern Höhe ist sie ein hohes, elegantes Bauwerk. Im Innern der Pagode ist die Statue des Maitreja-Buddha aufgestellt. Wie bei der Shakya-Pagode befindet sich an der Westseite der Pagode eine 0,74 Meter breite und 0,32 Meter hohe Inschrift, die ebenfalls von Guangqing verfaßt wurde.


Die Inschriften des Abtes Guangqing sind für ihren kraftvollen, einzigartigen Stil bekannt. Neben den beiden vorgenannten gibt es im Shaolin-Tempel noch eine weitere Inschrift von ihm auf einer Steintafel, die auch eine bildliche Darstellung zeigt. Sie bezieht sich auf eine Stelle des Vimalakirti-Nirdesha-Sutra, in welcher der Bodhisattva Manjushri den Laienbuddhisten Vimalakirti nach seiner Krankheit befragt, und wird „Manjushri erkundigt sich nach der Krankheit-Stele (文殊问疾 碑 wenshu wen ji bei) genannt. Diese Tafel steht zur Zeit vor der Sutraspeicher-Halle (藏经阁 zangjing ge).


Obgleich es in China einige wesentlich ältere Pagoden gibt, sind diese beiden ein schönes Beispiel für die zwei hauptsächlichen Bauweisen der frühesten Pagoden des Landes. Beide Varianten haben eine quadratische Grundstruktur. Die niedrige Shakya-Pagode mit wenigen Stockwerken repräsentiert den „Pavillon-Stil“, wie er auch in der zur Zeit der Jin-Dynastie errichteten Qiyun-Pagode des frühesten buddhistischen Tempels in China, dem „Tempel des weißen Pferdes“, vertreten war. Die Maitreya-Pagode ist im Stil eines vielstöckigen, hoch aufragenden Turms gebaut. Der Hauptgrund für diese Bauweise ist, daß die Pagoden als Aufbewahrungsort heiliger Reliquien nicht nur majestätisch und eindrucksvoll erscheinen sollten - mehrstöckige Gebäude waren für die herrschende Klasse Chinas traditionsgemäß ein Medium, ihre Macht und ihren Wohlstand zu zeigen - sondern auch eine mysteriöse und inspirierend wirkende Ausstrahlung haben sollten, die über die weltlichen Belange hinaus führt.

Über weltliche Belange hinausführen kann auch der schöne Blick auf die dem Shaolin-Kloster gegenüber liegenden Bergrücken, den man von der Shakya-Pagode aus genießt, besonders wenn im Frühling die Bäume in Blüte stehen.



 Mitunter wird die Shakya-Pagode von den Mönchen des Shaolin-Tempels als Kulisse für Fotosessions oder als würdiger Aufführungsort für Shaolin-Kungfu verwendet, so z.B. für die Aufnahmen einer hauseigenen DVD des Shaolin-Tempels über Shaolin-Kungfu.



Neben der Shakya-Pagode steht ein rostiges Set "Meihua"-Pfosten, das selten für die Demonstration der entsprechenden Kampfkunstübungen genutzt wird. Im Oktober 2009 war dort oft ein Wachhund angekettet, der vielleicht die Luxuskarossen der Gäste des Abtes oder den Abt selbst oder seine Bodyguards beschützen musste. Möglicherweise wartete er auch auf einen Mönch, der leichtfüßig auf den rostenden „Meihua-Pfosten“ herumspringen oder einen barmherzigen Buddhisten, der ihn befreien würde ... 







30.03.2010 - yss 
Fotos:  © copyright yss
Letzte Änderung: 14.07.2014
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