Die Halle der vier großen Himmelskönige 
(四大天王殿  si da tianwang dian)

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Diese Halle, meist in Kurzform „Halle der Himmelskönige“ (天王殿 tianwang dian) genannt,  trägt entsprechend ihrer Bezeichnung im Sanskrit auch den Namen „Devaraja-Halle“.
Ursprünglich in der Yuan-Dynastie erbaut, wurde sie mehrmals in der Ming- und der Qing-Dynastie renoviert. Sie war seinerzeit das „Bergtor“ (山门 shanmen), d.h. das Eingangstor zum Tempel, und beherbergte im vorderen Bereich die Statue des Maitreya Buddha (彌勒佛 mile fo), im hinteren, dem Norden zugewandten Bereich jene des Skanda (韦驮菩萨 weituo pusa). 1735 erbaute man im Zuge einer Renovierung des Tempels, ihr vorgelagert, eine neue Eingangshalle, in die die Statuen des Maitreya Buddha und des Skanda tranferiert wurden (siehe: Der Vorplatz und das Haupttor). Die alte Eingangshalle wurde in „Halle der vier Himmelskönige“ umbenannt und erhielt dementsprechend die Statuen der vier Himmelskönige sowie jene der zwei Torwächter. 1928 ließ im Zuge der seinerzeitigen Bürgerkriegswirren der Kriegsherr Shi Yousan den Shaolin-Tempel in Feuer legen, die Halle der vier Himmelskönige brannte bis auf wenige Überreste nieder. In der Zeit von 1982 bis 1983 wurde sie wieder aufgebaut, wobei man versuchte, sie weitgehend dem alten Vorbild nachzugestalten.

(2) Die Halle der vier Himmelskönige (vor 1928)





Kommt man vom Eingang her, präsentiert sich die Halle als eine Torhalle mit großem zentralem Durchgang, der mit einem massiven Holztor verschlossen wird. Zu Seiten des Durchgangs befinden sich vor dem Holztor zwei zur Mitte hin offene Räume mit den Statuen der Wächter Buddhas, hinter dem Tor zwei zur Mitte und zur Nordseite hin offene Räume mit den Figuren der vier Himmelskönige. Das steinerne Podest, das der Halle vorgelagert ist, stammt noch aus der Zeit vor dem Brand von 1928. Links und rechts der Torhalle befinden sich zwei Seiteneingänge, die mit denen des Bergtors korrespondieren.


Die Wächter „Heng“ und „Ha“ 

(3) Heng!
(4) Ha!





















Im zentralen Durchgangsbereich der Halle stehen in Überlebensgröße die Statuen zweier Wächter und Beschützer des Buddha und seiner Lehre (skr.: vajra, chin.: 金刚 jingang oder 金刚力士 jingang lishi). In der „Prajna Paramita Sutra des wohlwollenden Königs, der das Land beschützt“ (仁王护国般若波罗蜜经 renwang huguo bore boluomi jing) als eifrige Protektoren der buddhistischen Lehre (Dharma) beschrieben, wurde ihnen in vielen buddhistischen Tempeln die Aufgabe als Torwächter zuteil.
Dharma-Beschützer findet sich schon in der Frühzeit der buddhistischen Ikonographie. Ein Einfluss der griechisch-hellenistischen Kunst auf ihre Darstellung ist offensichtlich und läßt sich, ausgehend von den griechischen Statuen des Herakles, über die griechisch-baktrische Kunst und die „Vajrapani“-Darstellungen in Skulpturen und Reliefs von Gandhara bis hin zu den Skulpturen von Dharma-Beschützern in China und in Japan verfolgen.

In ihrer ursprünglichen Auffassung sind die Dharma-Beschützer mit muskulösen Körpern und in furchterregenden Posen wiedergegeben. Die Oberkörper sind nahezu unbekleidet, die Gesichter grobschlächtig und grimmig. Ihr Haupthaar ist auf dem Scheitel zu einem Knoten zusammengebunden. Als Attribut ist den Wächtern jeweils eine Art  Donnerkeil resp. „Vajra“ (金刚杵 jingang chu) beigefügt.

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Im Westen (vom Tempeleingang gesehen links) steht Gunyapati (密迹金刚 mìji jingang). Er zählt zu den Devas,- in der buddhistischen Mythologie eine niedere Klasse vergänglicher Gottheiten-, und weist einen roten Körper auf. Seine Rechte ruht auf dem Donnerkeil, die Linke ist drohend erhoben. Mit geöffnetem Mund formt er die erste Silbe des Sanskrit-Alphabets, das „a“ ( sanskr.: अ, chin.: 哈 ha), weshalb er im chinesischen Volksmund „Ha“  genannt wird.
Im Osten (rechts) befindet sich die Statue des Narayana (那罗延金刚 naluoyan jingang), sein Körper ist von blauer Farbe.  In seiner Rechten hält er den „Vajra“ , seine Linke greift mit weit gespreizten Fingern nach vorne. Ihm ist die letzte Silbe des Sanskrit-Alphabets, „om“ (sanskr.: ह , chin.: 哼 heng oder hum) zugeordnet, ihr entsprechend lautet sein volkstümlicher Name in China „Heng“ .  Zusammengefasst bilden beide Silben die heilige Silbe „Aum“ oder "Ahum" (sanskr. ॐ), die – entsprechend dem „Alpha und Omega“ im Christentum – Anfang und Ende, Entstehen und Vergehen des Lebens und letztendlich das Absolute symbolisieren.

In einer Variante treten die beiden Wächter Heng und Ha auch als „Generäle Heng und Ha“ (哼哈二将 heng ha er jiang) auf. Dies ist auf die in der Ming-Dynastie erschienene Novelle „Die Einsetzung der Götter“  (封神演义 fengsheng yanyi) des Autors Xu Zhonglin (许仲琳) zurückzuführen, durch deren Schilderung als mutige Helden beide Figuren Bekanntheit und Beliebtheit im Volk erlangten. Der „Heng“-General Heng heisst dort Zheng Lun  (郑伦),- mit dem weißen Atem, den er aus seiner Nase blasen lässt, kann er seine Feinde töten. Der „Ha“-General heißt Chen Qi (陈奇),- er vernichtet seine Feinde mit dem gelben Atem seines Mundes. Als Generäle sind beide in entsprechend prunkvolles Rüstzeug gekleidet.



Die vier Himmelskönige (四大天王 si da tianwang)

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Die vier Himmelskönige, im Sanskrit „Lokapala“ (Beschützer des Universums) oder „Caturmahārāja“ (vier Könige) genannt,  wurden vom Buddhismus aus der brahmanischen/hinduistischen Götterwelt übernommen. Im buddhistischen Pantheon zählen sie zu den Devas und sind die Herrscher des Cāturmahārājikakāyika-Himmels, der an den Hängen des heiligen Weltenberges Meru  (须弥山 xumishan) liegt und der Welt der Begierde (sanskr.: Kāmadhātu, chin.: 欲界 yu jie) zugerechnet wird. 
Die Himmelskönige werden als Beschützer der buddhistischen Lehre und Hüter der Welt verehrt. Entsprechend der im 4. Jahrhundert von dem Pilger Faxian nach China gebrachten Dirghagama-Sutra  (长阿含经 chang ahan jing)  sind sie verantwortlich für die Bewachung der vier  mythischen Kontinente, die in den kardinalen Himmelsrichtungen den Berg Meru umgeben, wobei ihnen jeweils ein Kontinent zugeteilt ist. Vereinfacht werden sie deshalb als Wächter der vier Himmelsrichtungen bezeichnet. Zudem regiert jeder von ihnen über eine Gruppe übernatürlicher Wesen bzw. Halbgötter, vor deren negativen Eigenschaften er die Menschen bewahrt und deren positive Eigenschaften dem Schutz des Buddha und des Buddha-Dharma dienen.  Desweiteren ist jedem Lokapala eine Farbe, ein Attribut u.v.m. zugeordnet.

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Einer anderen, sich über nur eine Schriftrolle erstreckenden Sutra zufolge dienen die vier Himmelskönige Shakra (帝釋天  dishitian oder 釋提桓因  shiti huanyin), dem Herrscher über die Devas des Trayastrimsha-Himmels, des höchsten mit den Menschen noch in einer Verbindung stehenden Himmels, der auf der Spitze des Meru-Berges liegt. Entsprechend dieser "Sutra der vier Himmelskönige" (四天王经 si tianwang  jing)  mahnt der Shakyamuni-Buddha seine Jünger in einer Rede, die sechs monatlichen Tage des Fastens und der Abstinenz einzuhalten, da jeweils am 8.,14. und 15. Tag eines Monats  nach dem chinesischen Mondkalender die vier Könige erkunden, wie es um die Tugend und Moral unter den Menschen steht, wozu sie Kundschafter aussenden oder sich selbst zu den Menschen begeben. Anschliessend erstatten sie Shakra und der Versammlung von Devas des Trayastrimsa-Himmels Bericht darüber und können gegebenenfalls die Lebenszeiten der Menschen entsprechend ihres moralischen Verhaltens verlängern oder verkürzen. -- Es ist nicht auszuschließen , daß diese Vorstellung chinesischen Ursprungs ist und erst später in die Sutra eingefügt wurde.        

In China sind die vier Himmelskönige ca. seit dem 4. Jahrhundert bekannt. Sie werden dort auch kollektiv als „Moderater Wind, passender Regen“ (风调雨顺 feng tiao yu shun) bezeichnet,  mit der Bedeutung von gutem Klima und guter Energie. Die Einführung ihrer besonderen Verehrung als Beschützer der Tempel und die Aufstellung ihrer Statuen in einer eigenen Tempelhalle wird auf eine Legende um den buddhistischen Mönch Amoghavajra (不空 bukong) zurückgeführt. Amoghavajra lebte in der Zeit von 705 bis 774 und gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Yogacara-Schule in China. Er war einer der politisch einflußreichsten Mönche in der Geschichte des chinesischen Buddhismus überhaupt, dies sicherlich nicht zuletzt aufgrund der magischen Praktiken, die er ausübte. Besonders wurde ihm die Fähigkeit, Regen zu machen und Stürme zur Ruhe zu bringen nachgesagt. Der Legende zufolge sollen ihm in der belagerten Stadt Xianfu, als er in einem Tempel zum Schutz der Stadt Dharanis rezitierte, die vier Himmelskönige erschienen sein, durch deren Hilfe die Belagerung beendet werden konnte.  Zum Dank für ihr hilfreiches Eingreifen wurde die Verehrung der Himmelskönige implementiert und die Aufstellung ihrer Statuen in den Tempeln und Klöstern angeordnet.

Im Shaolin-Tempel stehen die Statuen der Himmelskönige jeweils zu zweit in zwei halboffenen Räumen an der Nordseite der nach ihnen benannten Halle, links und rechts des zentralen Durchgangs. Zur Betonung ihrer Macht und Stärke wurden auch sie in Überlebensgröße modelliert und in martialischen Posen wiedergegeben, zudem dient jedem von ihnen ein kleines menschliches Wesen als Fußstütze. Die vier königlichen Wächter sind in prachtvolle Rüstungen gekleidet und tragen ausladende, reich verzierte Kronen auf ihren Häuptern.

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Vaishravana, der Hüter des Nordens
Vaishravana, der in dem Raum zur Linken des Tores steht, ist der wichtigste der vier Himmelskönige. In China wird er „der Alles Hörende“ (多闻 duo wen) genannt und oft mit Kuvera, einer buddhistischen Variante des hinduistischen Gottes der Reichtümer, assoziiert.  Er residiert im Kristallpalast des nördlichen Himmels, wacht über den nördlich des Meru-Berges gelegenen Kontinent Beiju Luzhou (北俱芦洲) und befiehlt ein Heer von Yakshas (夜叉 yèchā). Als Yakshas wird im Hinduismus, Buddhismus und Jainismus eine große Klasse von Naturgeistern bezeichnet.  Der Körper des Vaishravana ist von gelb-grüner Farbe, die im Shaolin-Tempel jedoch mehr zu einem leichten Orangeton hin tendiert. In seiner Linken hält er eine zusammengerollte Fahne, das Siegesbanner der buddhistischen Lehre, in seiner Rechten eine Edelsteine speiende Manguste, die den Schutz des Wohlstands symbolisiert.    

Virudhaka, der Hüter des Südens
Neben Vaishravana ist die Statue des Virudhaka aufgestellt, dessen chinesischer Name „ der Vergrößernde“ (增长 zeng zhang) lautet. Er ist der Patron des Wachstums und wohnt im Glaspalast des südlichen Himmels. Als König der  Kumbhandas (鳩槃荼 jiu pan tu), einer Spezies von koboldhaften Dämonen mit einem Bauch in der Form von Kürbisflaschen, wacht er über den Kontinent des Südens, Nanzan Buzhou (南瞻部洲). Sein Attribut ist im Allgemeinen das Schwert, im Shaolin-Tempel jedoch hält er in seiner Linken eine Pagode. Sein Körper ist von blauer Farbe.

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Dhritarashtra, der Hüter des Ostens
Der Hüter des Ostens trägt den chinesischen Namen  „Erhalter des Landes“  (持国 chi guo) und ist im Shaolin-Tempel von weißer Hautfarbe. In seiner Linken hält er eine Laute,- in China meist als vierseitige Pipa interpretiert -, deren Klang die Gedanken der Menschen reinigen soll.  Seine Residenz ist der Goldene Palast im östlichen Himmel. Dhritarashtra ist der König der Gandharvas (乾闥婆 qiantapo), den fliegenden Musikanten der himmlischen Sphären. Er ist für die Bewachung des östlich des Berges Meru gelegenen Kontinents Dongsheng Shenzhou (东胜神州) zuständig.

Virupaksha, der Hüter des Westens
Virupaksha, sein chinesischer Name ist „der Weitsichtige“ (广目 guang mu), residiert im Silberpalast des westlichen Himmels und ist der König der Nagas (chin.: 那伽 naja), mythischen Wesen, die sowohl in der Gestalt von Menschen als auch in der von Schlangen erscheinen können. Seine Statue im Shaolin-Tempel weist eine rote Hautfarbe auf. In seiner Linken hält er den Kopf einer Schlange, die sich um seinen Arm windet. Oft trägt er in seiner Rechten das buddhistische Wunschjuwel, das er der Schlange vorenthält,- im Shaolin-Tempel wurde dieses jedoch gegen ein Schwert eingetauscht. Er steht neben dem Wächter des Ostens in dem Raum rechts des großen Mitteltores. In seiner Verantwortung steht die Bewachung des westlichen Kontinents, Xiniu Hezhou (西牛贺洲).


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Die Halle der vier Himmelskönige, die Mahavira- bzw. Buddha-Halle und die Sutraspeicher- bzw. Dharma-Halle werden zusammen als die „drei großen Hallen“ bezeichnet. Sie bilden das grundlegende „Hallen-Ensemble“ eines buddhistischen Tempels und finden sich schon in den ersten chinesischen Kopien indischer Klosterpläne. In den buddhistischen Tempeln Chinas wurde die bauliche Anordnung der wesentlichen Hallen von den chinesischen Kaiserpalästen übernommen und die „Drei großen Hallen“ wurden hintereinander entlang der Zentralachse des Tempels platziert.
Hat man die Halle der grimmigen vier Himmelskönige durchschritten, blickt man über einen großen Hof hinweg auf die imposante Mahavira-Halle, zu der man wiederum über einige Treppenstufen hochsteigt.


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Foto 2: copyright unknown, download und Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von kungfusupply.nl
Fotos 5, 6, 9 und 11: copyright Songshan Shaolinsi - Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Shi Yankai
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26.06.2010 - yss
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Die Kleidung der Shaolin-Mönche


Die Gewandung zählt zu den sieben Besitztümern eines buddhistischen Mönchs. Sie wird auch Kesa (袈裟 jiasha / kaṣāya) genannt und symbolisiert das bescheidene Leben in maßvoller Askese, soll sie doch lediglich den Körper wärmen, kühlen, vor Insekten schützen und aus Anstand bedecken. Ursprünglich wurde sie aus den Flicken von Stoffen, die niemand mehr verwenden wollte (Tücher zum Einwickeln von Leichen vor ihrer Verbrennung, angebrannte Stoffe, von Blut verunreinigte oder von Ratten angenagte Stoffe u.a.), zusammengenäht. Das daraus entstandene Tuch (割截衣 gejieyi) wurde mit Hilfe von Pflanzen und andern Naturstoffen eingefärbt und erhielt, da oft Safran oder Kurkuma verwendet wurden, meist eine safran-ähnliche gelbliche Farbe. Während die Jahrtausende alte buddhistische Tradition hinsichtlich der Farbgebung der Gewänder in großen Teilen erhalten geblieben ist, sammeln die buddhistischen Mönche jedoch schon lange nicht mehr Stoffreste auf Müllhalden oder Friedhöfen, sondern kleiden sich in gespendete oder gekaufte Gewänder. Entsprechend dem Gebot der Gewaltlosigkeit sollen die Gewandungen nicht aus Materialien bestehen, die die Tötung  oder Verletzung von Tieren voraussetzen, wie Leder, Fell, Tierhaar, Seide, Farbstoffe auf tierischer Basis, u.v.m.


Den zu Buddhas Zeiten getragenen Gewandungen am ähnlichsten sind heute die von den Mönchen des Theravada-Buddhismus der südostasiatischen Länder getragenen Roben. Diese bestehen aus: 

Außengewand          samghati            僧伽梨       (sengjiali)   
Obergewand             uttarasanga        鬰多羅僧   (yuduoluoseng)               
Untergewand            antarvasaka       安陀會       (antuohui).
         
Das Untergewand ist ein Tuch, das mit Hilfe eines als Gürtel dienenden Stoffstreifens um die Hüfte gebunden wird und bis oberhalb der Knöchel reicht. Das Obergewand wird von den Mönchen in ihrer Residenz getragen, es reicht vom Hals bis zu den Knöcheln und lässt eine Schulter unbedeckt. Über dieses Gewand wird noch zusätzlich das Außengewand angelegt, wenn der Mönch seine Residenz verlässt, sich zu Almosengängen oder aus anderen Gründen in die Öffentlichkeit begibt. Ursprünglich hatte der Buddha den Mönchen den Besitz von nur zwei Gewandungen angewiesen, erst später erlaubte er das aus zwei Stoffschichten bestehende Außengewand/samghati als zusätzliche Bekleidung während der kalten Jahreszeit. Die Art und Weise, wie der Körper in die drei Gewandungen drapiert wird, kann je nach Land, Sekten-Zugehörigkeit und Tätigkeit des Mönches Variationen unterliegen. Theravada-Nonnen besitzen zudem zwei zusätzliche Kleidungsstücke: eine Art Weste (samkacchika) unter dem Hauptgewand und ein Badekleid (udakasatika).


Eine weitere Besonderheit der buddhistischen Mönchskleidung bezieht sich auf einen Ausspruch des Buddha, der beim Anblick von Reisfeldern zu seinem Jünger Ananda sagte: „Die Gewänder aller Buddhas der Vergangenheit waren wie diese Reisfelder. Auch in der Zukunft sollen die Gewandungen so sein“. Ananda soll danach das „Schnittmuster“, das den heutigen Mönchsroben zugrunde liegt, entworfen haben: mehrere die Reisfelder repräsentierende Stoffbahnen werden zu einem bestimmten Muster zusammengefügt und durch weitere schmale Stoffstreifen, die die Bewässerungsgräben und Wege zwischen den Feldern symbolisieren,  miteinander verbunden. Das ganze Ensemble wird zum Schluss mit einem breiten Rand umsäumt.


Form, Konzept und Bedeutung der Mönchsroben erfuhren mit der Ausbreitung des Buddhismus in China diverse Veränderungen. So widersprach es den chinesischen Regeln von Anstand und Sitte, sich - wie bei den buddhistischen Mönchen Indiens üblich - in der Öffentlichkeit mit entblößter Schulter und offenem Schuhwerk zu zeigen, Schulter, Arme und Füße mussten bedeckt bleiben. Auch das Wegfallen der Almosengänge im chinesischen Buddhismus und die Einführung klösterlicher Arbeit hatten einen Einfluss auf die Kleidung der Mönche. Mehr und mehr wurde die Kasaya nur noch zu den Zeremonien, zur Meditation, zu Lesungen und besonderen Anlässen getragen. Mit zunehmender Macht entledigte sich zudem der Klerus in den großen Staatsklöstern Chinas  der äußeren Bescheidenheit und passte sich den Gepflogenheiten des kaiserlichen Hofes an: die hohen Priester und Würdenträger trugen kostbar verzierte Roben aus Seide und Brokat,- eine Entwicklung, die in vielen Zügen jener in der christlichen Kirche ähnelt.


Heute unterscheiden sich in China die Gewandungen der Mönche entsprechend der drei großen im Land vertretenen buddhistischen Schulen: dem überwiegen im Nordwesten und Westen Chinas vertretenen Tibetischen Buddhismus (西藏佛教 xizang fojiao), dem Buddhismus chinesischer Tradition bzw. „Han-Buddhismus“ (汉传佛教 han chuan fojiao) und dem vornehmlich im Südwesten Chinas verbreiteten Theravada-Buddhismus, in China „Südlicher Buddhismus“ (南方佛教 nanfang fojiao) genannt.


Im Buddhismus han-chinesischer Tradition werden die drei rituellen Mönchsgewandungen (三衣 san yi) nach der Anzahl der Bahnen bzw. Streifen, aus denen sie zusammengenäht sind, differenziert und den „Großen Regeln der drei Plattformen“ (三坛大戒 santandajie)  zugeordnet. Sie sind in allen Klöstern der han-chinesischen Richtung gleich, egal ob diese sich im Süden Chinas, in Los Angeles, Beijing, Berlin oder auf Putuoshan befinden.
Dem Untergewand/samghati  entspricht das aus fünf Bahnen zusammengesetzte sogenannte fünfteilige Gewand (五條衣 wu tiao yi / 五衣wu yi). Es ist dem Erhalt der Novizenregeln zugewiesen und wird von Novizen bei  zeremoniellen Anlässen  getragen. Im Allgemeinen nehmen die Novizen des Shaolin-Tempels jedoch an den täglichen Zeremonien nur in ein „Haiqing“ (s.u.) gekleidet oder ganz ohne rituelle Gewandung teil.
Dem Obergewand/uttarasanga entspricht das aus sieben Bahnen zusammengesetzte siebenteilige Gewand (七條衣 qi tiao yi / 七衣 qi yi), das den Mönchsregeln zugeordnet ist. Es wird von den Mönchen bei den täglichen Zeremonien und bei der buddhistischen Lektüre angelegt. Ist das siebenteilige Gewand von roter Farbe, wird es „Chan-Gewand“ (忏衣 chán yi) genannt und  bei großen Zeremonien getragen.
Dem Außengewand/antarvasaka ist eine Kategorie von Gewandungen gleichzusetzen, die unter der allgemeinen Bezeichnung „Große Robe“ (大衣 da yi) zusammengefasst sind. Die Gewandungen dieser Kategorie sind dem Erhalt der Bodhisattva-Regeln zugeordnet und werden zum Empfang von Almosen, zum Besuch von Älteren und Höherstehenden, bei der Verkündigung der Lehre Buddhas und besonderen Zeremonien getragen. Hierzu zählt das neunteilige Gewand (九條衣  jiu tiao yi / 九衣 jiu yi) sowie einige weitere Gewandungen mit einer steigenden Anzahl von Bahnen, an deren Ende das 25-teilige Gewand (二十五條衣 ershiwu tiao yi) der Äbte und hohen Würdenträger steht.
Neunteiliges Gewand / 九条衣 jiutiaoyi

Fünfteiliges Gewand / 五条衣  wutiaoyi


Siebenteiliges Gewand / 七条衣 qitiaoyi







(2) Siebenteiliges Gewand (七条衣 qitiaoyi)

Zusammenlegen des siebenteiligen Gewandes: 

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Anleitungen zum An- und Ablegen einer Mönchsrobe:
Anlegen der Mönchsrobe
Ablegen der Mönchsrobe



Shi Yongxin, der Abt des Shaolin-Tempels (少林寺方丈释永信), erregte 2009 durch den Besitz eines ausserordentlich prachtvollen und kostbaren 25-teiligen Gewandes den Unmut vieler chinesischer Buddhisten, die darin Prunksucht und einen Mangel an Bescheidenheit sahen. In mehreren großen chinesischen Web-Portalen wurde er deshalb kritisiert. Der Abt  gab an, daß er nicht beabsichtige, dieses Gewand zu tragen, sondern es in späterer Zeit in dem vom Tempel geplanten Museum als ein Beispiel des chinesischen Kulturerbes ausstellen wolle.
Das Gewand ist eine hochwertige Brokatarbeit mit einem Gesamtwert von 160 000 Yuan. Es wurde aus Goldfäden im Wert von 50 000 Yuan gewirkt, sein Verschluss ist eine Schnalle aus 18-karätigem Gold und einem Jade-Ring.  Shi Yongxin soll es als Geschenk von Wang Baolin (王宝林), dem Direktor des „Instituts für Wolken-Brokat in Nanjing“ (南京云锦研究所  nanjing yunjin yanjiusuo) erhalten haben.
Obwohl der Abt Luxus und Statussymbolen nicht abgeneigt ist, pflegt er zumindest in Bezug auf Kleidung bei seinem Auftreten in der Öffentlichkeit eher einen bescheidenen, pragmatischen Stil. Zu den großen Zeremonien und festlichen Anlässen ist er standesgemäß in das 25-teilige Gewand aus den üblichen Materialien gekleidet. Jenseits zeremonieller Pflichten trägt er in der Öffentlichkeit meist einen schlichten ockerfarbenen „Großen Übermantel“, gleich ob er einen Präsidenten trifft, an einer Konferenz mitwirkt, Arbeiten im Kloster inspiziert, ein Gespräch mit Mönchen führt oder einen kleinen Spaziergang vor dem Kloster  unternimmt...

(8) Wolkenbrokat-Gewand
(9) Wolkenbrokat-Gewand, Ruyi-Haken & Jade-Ring





Im Shaolin-Tempel erhält ein Mönch bei seiner Ordination, also bei der Dharma-Versammlung zur Weitergabe der „Großen Regeln der drei Plattformen“, folgende drei Gewandungen: das fünfteilige Gewand, das von ihm im Grunde nur während der Ordinationszeit genutzt wird, das siebenteilige Gewand und ein 25-teiliges Gewand. Das 25-teilige Gewand wird im allgemeinen ebenfalls nur während der Ordinationszeit verwendet, ansonsten ist es nur ausgewählten Mönchen zu bestimmten Anlässen vorbehalten, wie z.B. Mönchen, die die Vertretung des Abtes übernehmen, wenn sich dieser außerhalb des Tempels befindet.


Die mit Hilfe eines sogenannten „Ruyi-Hakens“ (如意钩 ruyigou) und eines Rings befestigte fünf-, sieben- oder mehrteilige Robe wird über einem weiteren rituellen Gewand getragen, dem „Haiqing“ (海青).  Das „Haiqing“ wurde als zeremonielles Gewand in der Zeit der Song-Dynastie eingeführt. Seine langen Ärmel sind den Flügeln eines Seevogels nachempfunden.  In seiner dunkelbraunen oder schwarzen Variante wird es auch von buddhistischen Laien zu den Zeremonien getragen.

(10) Haiqing (海青

Anleitung zum Entfalten und Anlegen, Ablegen und Zusammenfalten eines "Haiqing":
Anlegen des "Haiqing"
Ablegen des "Haiqing"



(11) Kurzer Übermantel  短褂 duan gua
(12) Großer Übermantel 大褂 da gua
In den Mußestunden und zu alltäglichen (nicht rituellen) Arbeiten kleiden sich die Shaolin-Mönche in einen einfachen, aus Hose und gebundenem oder geknöpftem Hemd  bzw. Kittel bestehenden Anzug,  dieser wird schlicht als „Mönchsgewand“  oder "Mönchskleidung" (僧衣 sengyi oder 和尚衣 heshangyi) bezeichnet. Die Hosenbeine werden bis mindestens in Wadenhöhe zusammengehalten Der Kittel wird entsprechend seiner Länge auch „Großer Übermantel“ (大褂 da gua) oder „Kurzer Übermantel“ (短褂 duan gua) genannt. Unter ihm oder anstelle von ihm trägt "der moderne Mönch" mit Vorliebe ein T-Shirt. Der Anzug mit kurzem Übermantel oder T-Shirt ist auch die Standard-Kleidung der Kampfmönche. Bei Showauftritten unterliegt die Kleidung jedoch vielen Variationen; beliebt ist die "Schulter-frei"-Variante, die zum einen an das "prä-chinesische" buddhistische Mönchsgewand erinnert, zum anderen - natürlich ganz ungewollt - die physische Attraktivität des Kampfmönchs unterstreicht. Oft werden bei Auftritten, sowohl aus praktischen als aus ästhetischen Gründen, an den Unterschenkel Stulpen getragen, die mit Bändern fixiert sind. 

Die Kleidung der Kampfmönche erfreut sich auch bei vielen Schülern der Shaolin-Kampfkunst großer Beliebtheit, und da sie - wie auch die rituellen Mönchsgewänder - frei verkäuflich und in China oder über das Internet jederzeit leicht zu erwerben ist, wird sie dementsprechen oft von jenen Shaolin-Schülern und Shaolin-Fans getragen, die ihren Wunsch nach Identifikation mit den Shaolin-Mönchen auch durch Äußerlichkeiten unterstreichen möchten. Bei denjenigen, die die Shaolin-Kultur mit kommerziellen Interessen - meist dem Unterrichten von Shaolin-Kungfu und/oder Shaolin-Qigong - verbinden, ist es schon zum Standard geworden, sich - zumindest - in der Kleidung der Shaolin-Kampfmönche zu präsentieren.
Mitunter nimmt die Nutzung klösterlicher Kleidung durch Laien auch exzessive Formen an, die an Lächerlichkeit kaum zu überbieten sind. So scheuen sich z.B. mehrere ehemalige Shaolin-Kampfmönche, die als Meister des Laienstandes mit im Shaolin-Tempel erworbenen Wissen ihren Lebensunterhalt verdienen, nicht, sich in Gewandungen, die im Buddhismus hohen Würdenträgern vorbehalten sind, zu präsentieren und sich mit überproportionalen Gebetsketten zu schmücken. Mit der richtigen Kleidung wird so aus einem profanen Kampfkunstlehrer schnell ein "buddhistischer Pfarrer" oder gar "Erzbischof "... 

Auf der klösterlichen Seite hingegen gibt es durchaus auch den Verzicht auf Mönchskleidung. So treten viele der Kampfmönche außerhalb des Klosters in "Zivilkleidung" oder in "Halbzivil" (graue Hose der Alltagsgewandung der Mönche, ansonsten diskrete nichtklösterlich Kleidung) auf, insbesondere die Mitglieder der Showteams auf ihren Reisen. Auch gibt es einige wenige Mönche des Kloster, die sich zeitweise in "Zivilkleidung" in die Öffentlichkeit begeben, um so weniger die Aufmerksamkeit der Anderen auf sich zu ziehen. Zu offiziellen Anlässen treten jedoch alle in klösterlicher Kleidung auf. Hier sei darauf hingewiesen, dass es in der jüngeren Geschichte des chinesischen Buddhismus auch hochrangige Mönche gab, die für die Abschaffung der speziellen Mönchsgewandungen eintraten, so z.B. der berühmte Mönch Taixu (太虚, 1890 - 1947).


Im Winter bieten den Mönchen schwere, wattierte Mäntel und gefütterte Mützen Schutz vor der Kälte.



(13) Farben der Alltagskleidung derShaolin-Mönche

In der Frühzeit des Buddhismus hatte die Farbe der Mönchs-Kleidung eine Bedeutung in Bezug auf die Schule, der der Mönch angehörte: die Anhänger des Sarvāstivāda bevorzugten die Farbe Schwarz, die der Dharmaguptaka-Schule die Farbe Rot und Mahāsāṃghika-Anhänger favorisierten Blau oder Gelb. In China setzte sich diese Beziehung zwischen Schulzugehörigkeit und Farbgebung der Gewandungen eine Zeit lang fort, verlor jedoch ihren Sinn, nachdem die chinesischen Klöster per kaiserlichen Edikt auf die Ordinationslinie der Dharmaguptaka-Schule verpflichtet wurden. 
Heute ist hinsichtlich der farblichen Gestaltung der han-buddhistischen rituellen Mönchsgewandungen kennzeichnend, dass sie sich vornehmlich auf die warmen Farben des Farbspektrum beschränkt. Während die rituellen Gewandungen (incl. „Haiqing“) der Meditations-Mönche, d.h. jener Mönche, die in der Meditationshalle leben, meist von einheitlich kaffee- bis dunkelbrauner Farbe sind, weisen jene der übrigen Mönche neben Braun auch Orange- und Rottöne auf.
Das „Haiqing“ der Mönche ist meist in leuchtendem Gelb-Orange gehalten, jenes der buddhistischen Laien – wie schon erwähnt - in Dunkelbraun bis gebrochenem Schwarz. Der Arbeitsanzug mit großem oder kurzem Übermantel ist im Allgemeinen von ockergelber, hell- bis dunkelgrauer oder brauner Farbe.




Seit der Anfangszeit des Buddhismus zählt das Gewand neben Unterkunft, Essen und Medizin  zu den grundlegenden Spenden, die die Mönche von den Laien erhalten sollen. Die bei seiner Herstellung zusammengenähten Stoffteile erinnern auch an die Form des chinesischen Zeichen für „Feld“ (田 tian). Deshalb erhielt das Mönchsgewand im chinesischen Buddhismus den Namen „Gewand des Feldes der Verdienste“: es erlaubt den Gläubigen, mittels der guten Tat der Spende, das „Feld der Verdienste“ zu bepflanzen. 


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Ach ja, die Schuhe der Mönche …..


1) … sollten natürlich nicht aus Leder sein …
2) … werden regelmäßig gelüftet ….
3) …

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Fotos 2 bis 7, 10 bis 12 und 14 bi 15: Copyright by yss, Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Shi Yankai (释延开) und Shi Yanqian (释延浅),  denen ein besonderer Dank für ihre geduldige wie auch tatkräftige Mithilfe an diesem Artikel gebührt.
Fotos 8 und 9: Copyright by Xinhuanet, download am 04.06.2011 von: 
Foto 13: copyright by Chris Bastian, Veröffentlichung mit seiner freundlichen Genehmigung
04.06.2011 - yss
Letzte Änderung: 23.09.2011
Die Inhalte dieses Artikels wurden von mir nach bestem Wissen und Gewissen auf ihren Wahrheitsgehalt hin geprüft und erstellt. Quellenangaben sind auf Anfrage hin erhältlich.
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Namen und Generationen der Shaolin-Mönche



Die Namen der Shaolin-Mönche

Der Shaolin-Tempel ist als ein Chan-Kloster in der Namensgebung von Mönchen und Novizen den im chinesischen Buddhismus geltenden Regeln und Gepflogenheiten verpflichtet.  Diese sind von der Adaption des Buddhismus an die chinesische Kultur geprägt, die bei seinem Einzug in China bereits hochentwickelt war.

Im alten China setzte sich der öffentliche Name eines volljährigen Mannes stets aus dem Familien- oder Clan-Namen (姓 xìng) und dem persönlichen Namen (名 ming) in Verbindung mit dem Generationsnamen zusammen. Während der persönliche Name Einfluss auf das Schicksal seines Trägers haben und Glück, Stärke oder tugendhafte Charaktereigenschaften an ihn binden sollte, war die Aufgabe des Generationsnamens, die Verbundenheit mit den Mitglieder der gleichen Generation in der Familie hervorzuheben und damit zu stärken. Bei Eintritt in die Volljährigkeit wurde von jungen Männern oft ein sogenannter Erwachsenenname oder Hofname (字 zi) als Zweitname gewählt, und dieser ersetzte dann die Verbindung Generationsname + persönlicher Name.  Als eine  Tradition der kaiserlichen Zeit ist die Verwendung eines Erwachsenennamens heute nicht mehr üblich und wird nur noch von besonders traditionsverhafteten Kreisen gepflegt. Speziell in Künstlerkreisen - vornehmlich unter Schriftstellern und Malern – war und ist es außerdem seit jeher beliebt, ein Pseudonym resp. einen „Ehrennamen“ (号 hao) anzunehmen. 
An dem Tag, an dem ein Mensch dem weltlichen Leben entsagt, sein Haupt scheren lässt und in ein buddhistisches Kloster eintritt, gibt er alle seine weltlichen Namen auf und erhält in China als „Familiennamen“ die Bezeichnung „Shi“ (释). Dies ist das erste Schriftzeichen in der chinesischen Bezeichnung des Buddha, „Shi-jia-mou-ni“ (释迦牟尼), die wiederum eine phonetische Übersetzung des Ehrennamens „Shakyamuni“ (Sanskrit: शाक्यमुनि, śākyamuni) ist und „der Weise aus dem Volk der Shakya“ bedeutet.  Dem Austreten aus der weltlichen Familie (出家 chujia) mit all seinen gesellschaftlichen Konsequenzen wurde so das Eintreten in die "Familie" des Buddha gegenübergestellt. Dieser Brauch wurde von dem buddhistischen Gelehrten Daoan (道安) im 4. Jahrhundert n. Chr. eingeführt.

Der Tonsur-Meister des Novizen wählt zudem für ihn einen Namen, den  Dharma-Namen (法名 fa ming), seltener auch
Tonsur-Name  (剃度 名 tidu ming) genannt. Dieser ist aus zwei chinesischen Zeichen zusammensetzt. Im Allgemeinen legt das erste Zeichen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Generation einer bestimmten buddhistischen Linie oder Schule fest. Das zweite Zeichen ist „persönlicher Natur“, es kann dem Laiennamen des Novizen entnommen sein. Nicht selten hat es auch einen tieferen Sinngehalt und wurde von dem Meister speziell für diesen Novizen gewählt. Im Shaolin-Tempel finden sich in nahezu jeder der derzeit existenten Generationen die Zeichen  安 an (Friede),禅 chán (Chan/Zen),传 chuán (weitergebend, vermittelnd), 慈 ci (gütig, gutmütig) ,德 de (tugendhaft),   果  guo (Frucht) , 慧 hui (intelligent) , 明 ming (klar, hell), 浅 qian (hell),  善 shan  (gütig, warmherzig), 悟  wu (begreifen) u.a.
  
Neben dem Dharma-Namen erhält der Novize von seinem Tonsurmeister vor seiner Ordination einen weiteren Namen: den ebenfalls aus zwei Zeichen bestehenden „Dharma-Titel“ oder „Dharma-Ehrennamen“ (法号 fahao oder 字 zi).  Er stellt eine Verschmelzung von weltlichem Erwachsenen- und Ehrennamen dar. Oftmals legen die Meister für einen Teil des Dharma-Titels, ähnlich dem Generationszeichen im Dharma-Namen, ein bestimmtes Zeichen als Symbol für eine Reihe von Schülern fest, z.B. 法 fa (Lehre) oder 空 kong (Leere Leerheit), sodaß man sie an dem Zeichen als Schüler eben dieses Meisters  erkennen kann.



Die Generationszeichen


Eines der beiden Zeichen im Dharma-Namen des Mönchs entstammt einem Merkvers in Gedichtform, in dem die Namensfolge der Generationen der jeweiligen Schule oder Linie festgelegt sind (字诀 zijue). Mit seiner Hilfe kann man die Generationslinie des einzelnen Mönches bis zum Gründer dieser Linie  zurückverfolgen. Auch diese Vorliebe für Genealogien ist ursprünglich ein „chinesisches Phänomen“, das auf den Buddhismus übertragen wurde und in besonderem Maße im Chan-Buddhismus zum Tragen kam. Viele dieser Generationslinien sind in den liturgischen Brevieren der Chan-Schule (禅门日诵  chanmen ri song) wiedergegeben.

Der Shaolin-Tempel kennt in seiner Geschichte drei Generationslinen:
1. jene des Gründers des Shaolin-Tempels, Buddhabhadra (佛陀跋陀罗 fotuobatuoluo), in Kurzform Batuo (跋陀 batuo) genannt,
2. jene des direkt auf ihn folgenden Bodhidharma (菩提达摩putidamo) und
3. jene des songzeitlichen Abtes Xueting Fuyu (雪庭福裕 xueting fuyu).
Xueting Fuyu war von 1249 bis 1255  Abt des Shaolin-Tempels und verfasste ein Gedicht, in dem die Generationsnamen der Shaolin Caodong Chan-Schule in 70 Zeichen (少林曹洞禅宗七十字辈号 shaolin caodong chanzong qishi zi beihao) festgelegt sind. Jedes der Schriftzeichen dieses Gedichts wird als Bezeichnung der Generation (字辈 zìbèi)  im Namen der Shaolin-Mönche und –Novizen verwendet,-  ununterbrochen bis in die heutigen Tage. Das Gedicht umschreibt ein buddhistisches Ideal. Der Satz, den die Schriftzeichen der in der heutigen Zeit am häufigsten vertretenen Generationen – 德 de, 行 xing,  永 yong,  延 yan, 恒 heng – bilden, lässt sich mit “Tugendhaftes Verhalten  wird ewig währen“  übersetzen. 




Die am Namen erkennbare Zugehörigkeit zu einer chan-buddhistischen Linie wie Linji (臨濟宗 linji zong) oder Caodong (曹洞宗 caodong zong) oder zu einer der anderen großen buddhistischen Schulen in China wie z.B. Tiantai (天台宗 tiantai zong) erfolgt also mit dem Eintritt in ein Kloster durch die Tonsur und der damit verbundenen Namensgebung. Sie bezeichnet nicht zwangsläufig die Doktrin, der der  vollordinierte Mönch in seiner buddhistischen Praxis folgt.  Ein auffälliges Beispiel hierfür bietet die „Reine Land Schule“ (净土宗  jingtu zong). Da sie keine Generations-Verse entwarf, gehört kein Mönch vom Namen her dieser Schule an, gleichwohl folgt die Mehrheit der Mönche Chinas in ihrer täglichen Praxis den Doktrinen dieser Schule. Aufgrund der Vermischung der Reinen-Land-Schule mit der Chan-Schule finden sich auch in der buddhistischen Praxis des der Caodong-Schule zugehörigen Shaolin-Tempels  zahlreiche Elemente dieser Schule, so z.B. in den täglichen Zeremonien.






Die Inhalte dieses Artikels wurden von mir nach bestem Wissen und Gewissen auf ihren Wahrheitsgehalt hin geprüft und erstellt. Quellenangaben sind auf Anfrage hin erhältlich. Besonderen Dank an Shi Yongchuan für seine unermüdliche Beantwortung unerschöpflicher Fragen ...
18.04.2011 - yss 
Letzte Änderung: 10.05.2012 (Korrektur der Generationsnamen - Vielen Dank an Heino für den Hinweis!)
Urheberrechtlich geschützt



Shaolin-Tempel, Ciyuntang (慈云堂):
ein nasskalter Nachmittag.
Keine Touristen, keine trainierenden Mönche, kein Mensch überhaupt.
Nebel und Stille.
























8.4.2011-yss
Gedicht: copyright by Paul Lynch, 
Übersetzung aus dem Englischen 
und Veröffentlichung mit seiner 
freundlichen Genehmigung
Fotos: copyright yss


Der Shaolin-Tempel und die Ordination  (受戒 shou jie) 


Die Ordination von Mönchen und Nonnen ist im Budhismus von herausragender Bedeutung, sorgt sie doch für den Erhalt und die Sicherung der buddhistischen Gemeinschaft, einem der „Drei großen Schätze“ (Buddha, Lehre, Gemeinschaft) zu denen jeder Buddhist Zuflucht sucht, zu denen er sich bekennt. Sie zählt zu den größten und wichtigsten Riten der buddhistischen Gemeinschaft. Auf persönlicher Ebene bedeutet sie, nach der Vorbereitungszeit durch das Noviziat den definitiven Übergang in ein Leben als buddhistischer Mönch bzw. buddhistische Nonne. 

Zur Zeit des Buddha war die Aufnahme in den Orden noch recht unkompliziert. Wenn ein Mensch, der die ersten Unterweisungen des Buddhas erhalten, seine Lehre angenommen und sein Vertrauen in sie gefestigt hatte, den Wunsch hegte, Mönch zu werden, so bat er ihn: „Möge ich, o Herr, in Gegenwart des Erhabenen zum Fortziehen aus dem Haus gelangen und die Mönchsweihe empfangen. Möge ich in Gegenwart des Erhabenen den reinen Wandel üben.“ Daraufhin forderte der Buddha ihn auf: „Komm, Mönch; die Lehre wurde gut dargelegt, übe den reinen Wandel, um dem Leiden ein endgültiges Ende zu setzen.“ Auch Sariputra und sein Freund Maudgalyayana, später zwei der herausragendsten Schüler des Buddha,  wurden von ihm, zusammen mit 250 Wandermönchen, lediglich mit den zwei Worten „Kommt, Mönche“ aufgenommen.



 Schon zu Buddhas Lebzeiten sorgte man sich um seinen Nachfolge. So gab es seitens seiner Anhänger Versuche, von ihm als Nachfolger bestimmt zu werden, doch er wehrte sich dagegen mit aller Deutlichkeit. Vor seinem Tod und dem Eingang in das Parinirvana bestimmte er: „Die Lehre und die Ordenszucht, die ich euch dargelegt und erläutert habe, sind nach meinem Tode eure Meister“. Es gab somit nach dem Buddha keinen von ihm eingesetzten Nachfolger, seine Autorität ging allein auf seine Lehre und die Regeln der Zucht über, die von der Sangha erhalten und weitergeben wurden. Natürlich wurden dadurch jene, die im "Besitz" dieser Lehre und der Regeln waren, ihrerseits zu Autoritäten.

Da nun die Sangha für die authentische Überlieferung der Lehre und Regeln des Buddhas über die Generationen hinweg die Verantwortung trug, war eine genaue, „rechtsgültige“ Festlegung und Durchführung der Ordination von großer Bedeutung. Die dazu aufgestellten Vorschriften sind Teil des Vinaya-Pitaka, dem „Korb der Mönchszucht“, einem der drei Teile des buddhistischen Kanons, der - wenn auch Jahrhunderte nach dem Hinscheiden des Buddha - noch in der Frühzeit des Buddhismus ausgeformt und schriftlich niedergelegt wurde.

Für eine gültige Ordination sind die sie regelnden, sehr detaillierten Vorschriften, die sich vornehmlich auf Ort, Teilnehmer und Durchführung beziehen, exakt einzuhalten. Sie beinhalten folgende Hauptpunkte:
  • Der  Ordinationsort muss durch entsprechende Zeremonien eine klare Begrenzung erhalten, da die Ordination, um als Rechtshandlung Gültigkeit zu haben, innerhalb einer formalen Klostergrenze (sima) vollzogen werden muss.
  • Die Ordinationszeremonie erfordert die Anwesenheit von 10 vollordinierten Mönchen („zehn Meister“; 十师 shi shi), die bestimmte Vorbedingungen zu erfüllen haben; zumindest der Vorsitz muss von einem seit mindestens 10 Jahren geweihten Mönch geführt werden. Die "zehn Meister" werden zudem  hinsichtlich ihrer Aufgaben unterteilt in  "drei Lehrer und sieben Zeugen" (三 证 san shi qi zheng). In Ausnahmefällen ist die Anzahl von fünf die Ordination leitenden Mönchen ausreichend.
  • Für den Eintritt in den Orden gibt es im allgemeinen keine Schranken in Bezug auf Geburt und Herkunft. Bestimmte Personen sollen jedoch aus verschiedenen Gründen von der Aufnahme in den Orden ausgeschlossen werden:
    • Personen, die noch nicht das Mindestalter von 20 Jahren (ab dem Zeitpunkt der Empfängnis gerechnet) erreicht haben. In China wurden  seit jeher   Ausnahmen zugelassen, die man dann als „Behelfs-Regel“ ( 方便戒  fangbian  jie) bezeichnete; heute ist allgemein die Ordination ab dem Erreichen der gesetzlichen Volljährigkeit (18 Jahre) erlaubt. 
    • Eunuchen und Zwitter
    • Personen, die bestimmte Verbrechen begangen haben, z.B.  Mord an Vater,   Mutter oder einem Arhat, Vergewaltigung einer Nonne, böswillige Verletzung eines Buddhas
    • Personen, die ohne Aufnahme in den Orden den  Status eines Mönches/einer Nonne vorgegeben haben  
    • Personen, die eine Ordensspaltung verusacht haben
                Die Ordination folgender Personen stellt für den Ordinierenden einen Bruch mit den Regeln
                dar, doch sie verliert dadurch nicht ihre Gültigkeit:
    • Personen mit bestimmten körperlichen Behinderungen, fehlenden Gliedmaßen, ansteckenden Krankheiten u.a.
    • Soldaten, Schuldner, Sklaven
    • Aus dem Gefängnis Entflohene u.a. polizeilich Gesuchte
                u.a.
               Auch Frauen war anfangs die Aufnahme in den Orden verwehrt, nur zögerlich erlaubte sie
               der Buddha, und auch nur unter der Auflage zusätzlicher Regeln und Verpflichtungen, durch
               die Nonnen den Mönchen untergeordnet wurden (und es bis heute sind).
  • Der Novize muss in Besitz einer Almosenschale und der drei Mönchsgewänder sein
  • Die Durchführung der Ordinationszeremonie muss die 3-malige Bitte des Novizen um Aufnahme in den Orden beinhalten, sowie die Befragung des Novizen, die Beichte, die Befragung der Mönchsgemeinschaft nach Einwänden gegen die Aufnahme, die Information der Mönchsgemeinschaft über erfolgte Belehrung u.v.m.
  • Nach der Aufnahme in den Mönchsorden wird der genaue Zeitpunkt der Ordination festgestellt und notiert, da dieser wichtig ist für die Seniorität des neuen Mönches, d.h. für die Rangfolge in der Klosterhierarchie. Zudem wird der neue Mönche über die vier materiellen Grundlagen des Lebens (食緣 / paccaya) aufgeklärt.





Mit der Einführung des Buddhismus in China und seiner Anpassung an die dortigen Gegebenheiten, wurde die Ordination mehr und mehr staatlicher Kontrolle unterworfen. Die chinesischen Kaiser erlaubten ihren Untertanen nicht ohne weiteres, sich den zivilen Verpflichtungen wie Frondienst, Militärdienst, Steuerzahlung etc. zu entziehen. Mit der Auflage, daß die Klöster sich verpflichteten, religiösen Verdienst für das Wohl des Kaisers und der Allgemeinheit zu erwirken, erhielten manche Klöster (meist „Staatsklöster“) die kaiserliche Erlaubnis, in bestimmten Intervallen Ordinationen durchzuführen. Die Anzahl der Ordinationen wurde von den Herrschern auf das ihnen jeweils gerade angemessen erscheinende Maß limitiert. Auch wurden schon früh Ordinationszertifikate (戒牒 jièdie) eingeführt. Nicht autorisierte Ordinationen wurden hart bestraft.

Parallel hierzu fand die „innere“ Anpassung des Buddhismus statt, seine Weiterentwicklung zu einem „chinesischen Buddhismus“, in deren Rahmen auch die Regeln der Ordination Veränderungen unterworfen wurden. Eine herausragende Rolle spielte hier Daoxuan (道宣 / 596 – 667), ein tangzeitlicher buddhistischer Mönchsgelehrter, der als Gründer der chinesischen Vinaya-Sekte (律宗) angesehen wird und zahlreiche Texte  über die buddhistischen Gesetze und Regeln verfasste, die bis heute von Bedeutung sind. Er veränderte sowohl die Ordinations-Plattform (den vorgeschriebenen Ort der Ordination) wie auch die Ordinations-Zeremonie anhand einer zeitgenössischen Interpretation von Ideen des Mahayana und neu eingeführter Schriften mit dem Ziel, in China einen einheitlichen monastischen Orden zu bilden und somit eine starke monastische Identität zu schaffen.  Kurz vor seinem Tod schrieb er das monumentale Werk „Illustrierte Schrift über die Errichtung der Ordinations-Plattform“ (关中创立戒坛图经 guanzhong chuangli jietan tujing). Es war das erste von einem chinesischen Mönch verfasste Dokument über das Ordinations-Ritual und ein richtungsweisendes Standardwerk für die zukünftige Errichtung von Ordinations-Plattformen und die Entwicklung des klösterlichen Ordens.
 


Im Chinesischen wird die buddhistische Ordination von Mönchen und Nonnen „Erhalt der Regeln“ (受戒 shou jie) oder „Weitergabe der Regeln“ (传戒 chuan jie) genannt. Im allgemeinen findet sie im Rahmen der „Dhama-Versammlung zur Weitergabe der großen Regeln der drei Plattformen“ oder "Dharma-Versmmlung zur Übermittlung der großen Regeln der drei Altare" (传授三坛大戒法会 chuanshou san tan da jie fahui ) statt, in deren Verlauf die Novizen-Regeln, die Mönchs- oder Nonnen-Regeln und die Bodhisattva-Gebote weitergegeben werden. Nur mit dieser in der Zeit der Ming-Dynastie eingeführten „dreifachen Ordination“ erhält man in China die Anerkennung als vollordinierter Mönch bzw. als vollordinierte Nonne.



Die Dharma-Versammlung zur Weitergabe der Regeln (传戒法会 chuan jie fahui)  wird auch im heutigen China von ausgewählten „Weihe-Tempeln“ zu festgelegten Zeiten und jeweils für eine größere, vorbestimmte Anzahl von Ordinanden vollzogen. Aufgrund der Wichtigkeit der Ordination für alle Klostergemeinschaften, ist es eine Ehre, dem Kreis der zugelassenen Weihe-Tempel anzugehören. Ein Tempel muss dafür außer den religiösen Vorgaben auch bestimmte „weltliche“ Voraussetzungen erfüllen. So muss er z.B.  genügend Platz und eine ausreichende Anzahl an Hallen besitzen, die entsprechende Menge benötigter Materialen bereitstellen und die erforderlichen Organisationsstrukturen aufweisen können. Er erhält zwar von den Ordinanden resp. ihren Meistern eine moderate Gebühr für die Ordination und von den Laien zahlreiche Spenden, diese reichen jedoch im Allgemeinen nicht zur Bestreitung der Kosten aus. Folglich muss der Tempel auch über ausreichende finanzielle Reserven verfügen, um in organisatorischer und materieller Hinsicht den großen Ansprüchen dieses bedeutsamen Ereignisses gerecht zu werden.  Sind die nötigen Grundlagen geschaffen, stellt der Tempel bei der Buddhistischen Vereinigung Chinas (中国佛教协会 zhongguo fojiao xiehui) einen entsprechenden Antrag, wird von deren Prüfern besucht und kann bei Eignung die Erlaubnis für die Durchführung der umfangreichen Veranstaltung erhalten.



Die Ordinationsversammlung erstreckt sich über ca. einen Monat. Sie beginnt mit der Registrierung der Teilnehmer, dem feierlichen Empfang der geladenen Würdenträger und der Weihe der Stätte. Um die Ordination zu erhalten, müssen sich die Ordinanden einer Prüfung unterziehen. Erst wenn sie diese erfolgreich bestanden haben, können sie um den Erhalt der Regeln bitten. Die Ordinanden erhalten Schulungen in buddhistischer Etikette und in den zahlreichen Regeln des monastischen Lebens. Dabei lernen sie, wie man geht, wie man steht, wie man sein Reisegepäck packt, seine Aufgaben (z.B. in den Hallen) dem nächsten Mönch übergibt und wie man Gäste empfängt, sie werden in den korrekten Gebrauch der Mönchsgewänder und der Ess-Schalen eingewiesen, u.v.m. Vieles davon haben sie schon im Verlauf ihres Noviziats gelernt, doch erhalten sie nun die „letzte Politur“ ihres Verhaltens. An diesem läßt sich dann erkennen, ob sie in einem Kloster ordiniert wurden, in dem die Etikette, das rituelle Verhalten und die Einhaltung der Regeln „richtig“ gelehrt wurden oder nur auf  laxe Weise.
Neben den Unterweisung theoretischer und praktischer Art finden entsprechend der rituellen Vorschriften zahlreiche Zeremonien statt. Zu ihnen zählen die Bußfeiern, an denen die Ordinanden teilnehmen, um sich von den Verfehlungen ihres alten Lebens zu läutern und ihr neues Leben als Mönch oder Nonne innerlich gereinigt zu beginnen.



Das Shaolin-Kloster besaß seit der Tang-Dynastie (618 – 907) eine Ordinations-Plattform und zählte seither zu den Tempeln in China, die die Verantwortung für die Weitergabe der buddhistischen Regeln an folgende Generationen trugen. In der Qing-Dynastie (1644 – 1911) wurde jedoch die Ordinationsplattform zerstört und der Tempel stellte die großen Ordinationsversammlungen ein. Deshalb schickte man nach der Wiedereröffnung des Tempels 1979 und der offiziellen Wiedereinführung der Ordination in China die Novizen des Shaolin-Klosters zum Erhalt der Mönchsweihe in die grossen Weihe-Tempel des Landes, - für einen Tempel mit einer derart großen Geschichte, wie sie der Shaolin-Tempel aufweisen kann, ein nicht sehr glücklicher Zustand. Um seiner Vergangenheit gerecht zu werden, musste der Tempel die alte, prestigevolle Tradition wieder aufnehmen. So ließ Shi Yongxin, der Abt des Shaolin-Tempels, von Oktober 2005 bis August 2006  die Ordinations-Plattform wiederherstellen und erwirkte die entsprechenden Genehmigungen  bei der Buddhistischen Vereinigung Chinas. Für die Leitung der Ordinationszeremonie konnte er  Persönlichkeiten gewinnen, die zu den höchsten buddhistischen Würdenträgern Chinas zählen.




 

















Nach einer Unterbrechung von mehr als 300 Jahren  fand vom 24. Mai bis 21. Juni 2007 die Dharmaversammlung zur Weitergabe der Regeln erstmals wieder im Shaolin-Tempel statt,- aufgrund ihres enormen Umfanges in Kooperation mit dem Shangqiu-Guanyin-Tempel (商丘观音寺). Shi Yongxin schreibt hierzu in seinem Buch „Shaolin in meinem Herzen“ („我心中的少林“): „Die Weitergabe der Regeln symbolisiert das Wiederaufleuchten einer glanzvollen Epoche des Tempels“ (传戒标志着一个寺庙的盛世到来).  Gemäss seinen Angaben im selben Buch durchliefen mehr als 1000 Menschen die Prüfung, 500 männlichen sowie 230 weiblichen Aspiranten wurde es gestattet, um den Erhalt der Regeln zu bitten.


Ein Glanzlicht dieser Ordinationsversammlung war die Teilnahme des hohen Würdenträgers Weixian (惟贤长老), eine der respektabelsten Persönlichkeiten des chinesischen Buddhismus der Gegenwart. Trotz seines hohen Alters von 87 Jahren übernahm er als Präzeptor den Vorsitz  der Ordinationszeremonie. 



2010 fand die Ordinationsversammlung im Shaolin-Kloster in der Zeit vom 20. April bis 21. Mai statt, in ihrem Verlauf erhielten 455 ausschließlich männliche Ordinanden, die aus allen Ecken des Landes angereist waren, die Weihen. Der Ablauf dieser Ordinationsversammlung ist - Tag für Tag - in mehreren auf Veröffentlichungen des Shaolin-Klosters basierenden Artikeln geschildert, beginnend mit: Die Ordinationsversammlung im Shaolin-Kloster 2010 - Teil 1.
Ein kurzer Bericht über die Ordinationsversammlung von 2013 mit einer Auswahl an Fotografien findet sich in dem Artikel Die Ordination im Shaolin-Kloster 2013.

Die nächste Dharmaversammlung zur Weitergabe der Regeln findet voraussichtlich im Jahr 2016 statt.



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Sämtliche Fotos: copyright by Songshan Shaolin-Tempel, China - Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Dharma-Meister Shi Yankai.
Die Inhalte dieses Artikels wurden von mir nach bestem Wissen und Gewissen auf ihren Wahrheitsgehalt hin geprüft und erstellt. Letztendlich geben sie meine Reflektion der Dinge wieder. Quellenangaben sind auf Anfrage hin erhältlich.
21.02.2010 - yss
Letzte Änderung: 1.02.2014
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